Gescheiterte Sprecherwahl im US-Kongress Die Republikaner blockieren sich selbst

Meinung | Washington · Der Republikaner Kevin McCarthy ist bei der Wahl des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses bereits vier Mal durchgefallen. Warum die Republikaner nicht nur den Kongress, sondern auch sich selbst blockieren.

Kevin McCarthy, Minderheitenführer des Repräsentantenhauses, spricht zu Reportern im US-Kapitol.

Kevin McCarthy, Minderheitenführer des Repräsentantenhauses, spricht zu Reportern im US-Kapitol.

Foto: dpa/Michael Brochstein

Die Amerikaner erhalten mit dem Spektakel um die Wahl des ­Speakers einen Vorgeschmack auf das, was im Kongress bevorsteht. Und eine Erinnerung an die Tage, als die Republikaner zuletzt die Mehrheit im Repräsentantenhaus stellten. Wer auch immer am Ende den symbolischen Hammer des Kongressführers in den Händen halten wird, übernimmt damit einen Höllenjob. Denn die Mehrheit der Republikaner besteht nur auf dem Papier. Mit 222 zu 213 Stimmen können sie sich bei Abstimmungen nicht mehr als vier Abtrünnige leisten. Damit bekommt eine Handvoll Abgeordnete genügend Macht, dass der Schwanz permanent mit dem Hund wackeln kann.

Bei der Wahl des Speakers exerzieren die im Trump-nahen „Freedom Caucus“ organisierten Rechtsradikalen gerade durch, was das für die hauchdünne Mehrheit der Republikaner bedeutet. Der politisch konturlose McCarthy erfährt dabei, dass es genauso riskant ist, keine Positionen zu beziehen, wie klares Profil zu zeigen. Jeder „Speaker in spe“ sieht sich umgekehrt dem Druck der schwindenden, aber immer noch ausreichenden Zahl traditioneller Republikaner ausgesetzt, den Radikalen nicht das Feld zu überlassen. Das wird sich spätestens dann zeigen, wenn der Kongress einen Haushalt beschließen oder die Schuldenobergrenze anheben muss.

Die Unfähigkeit zu regieren, ist das hausgemachte Problem einer Partei, die sich seit der Ankunft der „Tea Party“-Aktivisten auf dem Kapitolshügel 2010 selbst radikalisiert hat. Ein Prozess, der sich während der Präsidentschaft Donald Trumps beschleunigte. Mehr als ein Jahrzehnt später blockieren die Republikaner nicht nur den Kongress, sondern sich selbst. McCarthy kann froh sein, wenn den Speaker-Job am Ende ein anderer macht.

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