Deutsch-polnisches Regierungstreffen SPD fordert Achse Paris-Berlin-Warschau

Berlin (RP). Zum ersten Mal seit ihrer Wiederwahl im Herbst 2009 trifft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag ihren polnischen Amtskollegen Donald Tusk zu Gesprächen in Berlin.

 Im Interview mit unserer Redaktion weist Martin Schulz, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europaparlament, Bundeskanzlerin Merkel eine Mitschuld an der Misere zu.

Im Interview mit unserer Redaktion weist Martin Schulz, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europaparlament, Bundeskanzlerin Merkel eine Mitschuld an der Misere zu.

Foto: ddp

Am Dienstag jährt sich der Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt am Mahnmal des Warschauer Ghettos zum 40. Mal. Für die SPD Anlass genug, um der deutschen Regierungschefin mangelndes Engagement in der Einbindung der Polen vorzuwerfen. Im Interview mit unserer Redaktion fordert der SPD-Europapolitiker Martin Schulz eine Wiederbelebung der deutsch-französisch-polnischen Achse. Das isolierte Vorgehen der Deutschen und Franzosen in der Euro-Krise schade Europa, sagt der Chef der Sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament.

Am Montag beginnen die deutsch-polnischen Regierungskonstellationen: Wie bewerten Sie das Verhältnis?

Schulz Die Konflikte unter der Präsidentschaft von Kaczynski haben den Blick etwas verstellt. Das Verhältnis vor allem der jungen Generationen ist freundschaftlich und ausgesprochen gut. Es gibt ein großes gegenseitiges Interesse und viel Neugier. Die Polen können ein Freund für Deutschland werden wie es Frankreich heute ist. Die wirtschaftliche und kulturelle Dynamik in Polen ist enorm. Ich glaube, dass die Achse Paris-Berlin-Warschau existenziell für die Zukunft Europas ist.

Sieht die Bundesregierung das genauso?

Schulz In der Euro-Krise fällt die deutsche Bundeskanzlerin in eine Politik eines französisch-deutschen Direktoriums zurück. Das kommt in Polen nicht gut an. Ein Kerneuropa, das die Union in der Krise vorantreibt geht nur mit Polen als Brückenkopf zu den osteuropäischen Ländern. Im Osten Europas wird Polen diese Führungrolle zugetraut. Daran sollte sich auch die Bundesregierung halten. Die Kanzlerin muss das 1991 gegründete Weimarer Dreieck, die regelmäßigen Konsultationen zwischen Deutschland, Polen und Frankreich, wiederbeleben und mit Inhalten unterfüttern

Erinnern Sie sich an den 7. Dezember 1970 und den Kniefall von Willy Brandt?

Schulz Ja, ich war 14 Jahre alt und ich erinnere mich daran, dass das in meiner Familie heftig diskutiert wurde. Es gab damals viele, die die Geste als übertrieben empfunden haben. Auch im Geschichtsunterricht in der Schule haben wir darüber diskutiert.

Heute ist die Meinung weitgehend einhellig.

Schulz Ich glaube, dass die Geste in ihrer historischen Tragweite an dem Tag unterschätzt wurde. Im Nachhinein war der Kniefall aber sicherlich der Durchbruch für die deutsch-polnische Aussöhnung und der Beginn einer Partnerschaft zwischen den Ländern. Die Spontaenität der Geste, aber auch die persönliche Geschichte von Willy Brandt als Nazi-Flüchtling hat der Geste Glaubwürdigkeit verschafft. Wir profitieren heute noch davon.

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