Urnengang nach tagelangen Protesten Spaniens Regierung droht Wahlniederlage

Madrid (RPO). Die Regional- und Kommunalwahlen in Spanien am Sonntag stehen unter einem schlechten Stern. Dem Urnengang gehen tagelange Proteste junger Demonstranten voraus. Trotz eines Demonstrationsverbotes gingen in der Nacht zum Samstag rund 60.000 Menschen auf die Straße. Sie protestierten gegen Arbeitslosigkeit und eine verfehlte Wirtschaftspolitik. Der sozialistischen Regierung droht ein Wahldebakel.

Madrid - Spaniens Jugend demonstriert gegen Wirtschaftskrise
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Das Demonstrationsverbot trat um Mitternacht in Kraft, um nach Angaben der Wahlbehörde einen reibungslosen Ablauf des Urnengangs zu gewährleisten. In Madrid setzten zehntausende Menschen ihren Protest auf dem zentralen Platz Puerta del Sol aber auch nach Mitternacht fort. Zu dem "stillen Protest" klebten sich viele Demonstranten die Münder zu. Beim Glockenschlag um Mitternacht riefen sie: "Jetzt sind wir illegal."

Medienberichten zufolge beteiligten sich rund 25.000 Menschen an der Aktion. Während tausende von ihnen bei Party-Stimmung bis in die frühen Morgenstunden auf dem Platz im Herzen der historischen Altstadt ausharrten, kampierten dort am Morgen nur noch wenige hundert Demonstranten. Dutzende von ihnen verließen mit ihrem Schlafsack und ihren Matratzen den Platz, während die Stadtreinigung den Müll von den Straßen räumte.

Protest gegen Zapatero

Die Wahlbehörde hatte alle für das Wochenende geplanten Demonstrationen wegen der am Sonntag stattfindenden Regional- und Kommunalwahlen für illegal erklärt. In der Nacht zum Samstag gingen landesweit aber dennoch rund 60.000 Menschen auf die Straße, wie die Zeitung "El País" berichtete. In Valencia beteiligten sich demnach rund 10.000 Demonstranten, in Malaga und Barcelona zwischen 6000 und 7000.

In Spanien hat sich in der vergangenen Woche spontan eine Protestbewegung formiert, die gegen die steigende Arbeitslosigkeit, die Wirtschaftskrise und Korruption kämpft. Vor allem junge Menschen gehen im ganzen Land auf die Straße, da sie keine Zukunftsperspektiven sehen: Die Arbeitslosenquote liegt in Spanien derzeit bei 21 Prozent, bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren bei 44,6 Prozent. Die jungen Demonstranten rufen das spanische Volk dazu auf, am Sonntag nicht für Zapateros Sozialistische Partei und auch nicht für die oppositionelle konservative Volkspartei zu stimmen.

Enttäuscht sind viele Spanier auch vom Sparprogramm der Regierung, durch das Millionen Jobs verloren gingen und Einkommen gekürzt wurden. Den Sozialisten von Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero droht deshalb eine herbe Wahlniederlage. Umfragen zufolge dürften sie selbst ihre Hochburgen, die Regionen Kastilien-La Mancha und Extremadura, verlieren.

Die verlorene Generation

Die Abstimmungen vom Sonntag gelten als Stimmungstest für die Parlamentswahl in zehn Monaten. Zapatero will sich bei dem Urnengang im März nicht um eine dritte Amtszeit bewerben. Als mögliche Kandidaten der Sozialisten gelten bisher Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba und die junge Verteidigungsministerin Carme Chacón.

Das hoch verschuldete Spanien muss bislang zwar keine Hilfen von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen. Der Preis dafür ist aber ein harter Sparkurs. Die wirtschaftliche Erholung verläuft schleppend, die Arbeitslosigkeit ist mit einer offiziellen Quote von 21,3 Prozent so hoch wie in keinem anderen EU-Land. Unter den 18- bis 25-Jährigen liegt sie sogar bei 45 Prozent. Viele davon müssen noch bei ihren Eltern leben, weil sie keinen Job finden. Der IWF sprach bereits von einer "verlorenen Generation".

(AFP/RTR)
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