Nach Weigerung von Italien und Malta Spanien nimmt Schiff mit 629 Flüchtlingen auf
Madrid · Spanien nimmt das Schiff „Aquarius“ mit 629 Flüchtlingen auf. So will Madrid eine „humanitäre Katastrophe“ verhindern. Zuvor hatten Italien und Malta dem Schiff die Genehmigung zum Anlegen verweigert.
Im Tauziehen um die Aufnahme von 629 Flüchtlingen von einem Schiff im Mittelmeer hat sich Spanien in einer humanitären Geste bereit erklärt, die Menschen ins Land zu lassen. „Es ist unsere Pflicht, dabei zu helfen, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern“, begründete Spaniens neuer, sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez am Montag die Entscheidung. Zuvor hatten sich Italien und Malta fast zwei Tage lang geweigert, die im Mittelmeer auf einem Flüchtlingsboot ausharrenden Menschen bei sich aufzunehmen.
Den Flüchtlingen auf dem Schiff „Aquarius“ solle ein „sicherer Hafen“ angeboten werden, teilte die Regierung in Madrid in einer Erklärung weiter mit. Regierungschef Sánchez habe den Hafen der Stadt Valencia im Osten des Landes für die Aufnahme der Menschen bestimmt.
Weigerung Italiens und Maltas
Italien und Malta stritten seit Samstag über die Aufnahme der Migranten an Bord des Schiffes, beide Länder sahen jeweils die andere Seite in der Verantwortung. Trotz internationalen Drucks blieben beide Seiten unnachgiebig.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte Rom und La Valletta am Montag aus humanitären Gründen dringend zur Aufnahme der Flüchtlinge aufgefordert. Den 629 Flüchtlingen an Bord der von der europäischen Organisationen SOS Méditerranée gecharterten „Aquarius“ müsse es gestattet werden, „an Land zu gehen“. Ihnen gingen die Vorräte aus. Das Hilfswerk sprach von einem „dringenden humanitären Gebot“. Weiter reichende Fragen zu Verantwortlichkeiten zwischen Staaten müssten angesichts der Notlage später geklärt werden.
Die EU-Kommission rief zur einer schnellen Beilegung des Streits auf. Ein Kommissionssprecher bezeichnete es als „eine humanitäre Notwendigkeit“, dass die Menschen an Bord der „Aquarius“ an Land gebracht und versorgt würden. Klare Vorgaben für die Zuständigkeit gibt es laut Kommission aber nicht.
Auch die Bundesregierung brachte ihre Besorgnis zum Ausdruck. Regierungssprecher Steffen Seibert rief alle Beteiligten auf, „ihrer humanitären Verantwortung gerecht zu werden“.
Die 629 Migranten waren am Samstag bei verschiedenen Rettungsaktionen von SOS Mediterranée aufgenommen worden. Der Hilfsorganisation zufolge sind an Bord auch 123 unbegleitete Minderjährige, elf kleine Kinder sowie sieben schwangere Frauen.
Eine Journalistin an Bord der „Aquarius“ schrieb beim Kurzmitteilungsdienst Twitter, das Schiff habe sich „seit der vergangenen Nacht nicht bewegt“. Die Menschen an Bord wollten wissen, warum sie festgehalten würden. SOS Mediterranée twitterte, dass die Besatzung von der italienischen Seenotrettungsstelle die Anweisung erhalten habe, „auf seiner aktuellen Position in Stand-by zu bleiben“.
Salvini unnachgiebig
Italiens neuer Innenminister Matteo Salvini von der fremdenfeindlichen Lega-Partei zeigte sich am Montag auf Twitter unnachgiebig: „Leben zu retten ist eine Pflicht, Italien in ein riesiges Flüchtlingslager zu verwandeln nicht. Italien hat genug vom Katzbuckeln und Gehorchen. Diesmal gibt es jemanden, der Nein sagt.“ Der Tweet war verbunden mit dem Hashtag #SchließenwirdieHäfen.
Er reagierte damit unmittelbar auf das Eintreffen eines weiteren Schiffs der deutschen Nichtregierungsorganisation Sea Watch am Vormittag vor der Küste Libyens. „Deutsche Organisation, niederländisches Schiff, Malta bewegt sich nicht, Frankreich lehnt ab, Europa schert sich nicht darum“, schrieb Salvini dazu weiter auf Twitter.
Medienberichten zufolge hatte Salvini zuvor mit einer Schließung italienischer Häfen für Flüchtlinge gedroht, sollte Malta sich weiter verweigern. In einer gemeinsamen Erklärung mit dem für die italienische Küstenwache zuständigen Minister Danilo Toninelli betonte er, Malta könne „nicht länger wegschauen, wenn es darum geht, internationale Konventionen zum Schutz menschlichen Lebens zu respektieren“.
Salvini, der zugleich Vizeregierungschef Italiens ist, verfolgt eine harte Linie in der Zuwanderungspolitik. Am Freitag hatte er die Nato aufgefordert, Italien zu verteidigen, das „unter Angriff aus dem Süden“ stehe.
Die maltesische Regierung hatte am Sonntagabend mitgeteilt, Regierungschef Joseph Muscat habe mit dem italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte gesprochen und betont, „dass sich Malta vollständig seiner internationalen Verpflichtungen entsprechend“ verhalte. Malta werde das Schiff nicht anlegen lassen.