Die USA verteilen Kritik und müssen selbst einstecken Snowden wird zum diplomatischen Spielball

Washington/Moskau · Die Flucht des Whistleblowers Edward Snowden hält die Welt in Atem. Denn bis auf Wikileaks scheint niemand zu wissen, wo sich der 30-Jährige derzeit aufhält. Und während die Suche weiter geht, werden die diplomatischen Verstimmungen immer größer. Die USA fühlen sich vorgeführt.

Diese Überwachungsprogramme hat Edward Snowden bislang verraten
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Foto: dpa, Jerome Favre

Es ist ein Katz- und Maus-Spiel, das sich derzeit rund um Edward Snowden abspielt. Erst die Flucht aus den USA nach Hongkong, dann die Reise nach Russland und schließlich der vermutete Flug nach Kuba, der bislang nicht stattfand. Dem Whistleblower gelang es abermals unterzutauchen und die Regierung in Washington an der Nase herumzuführen.

Und das offenbar mit Unterstützung. Die Enthüllungsplattform Wikileaks jedenfalls behauptet zu wissen, wo sich Snowden aufhält, und manch einer in Washington hat zudem den Verdacht, dass auch Russland und China ihren Beitrag dazu geleistet haben, den USA mit Snowdens Flucht eins auszuwischen. Somit wird der Fall immer mehr zu einem mit schwersten diplomatischen Verstimmungen.

Denn in den Fall sind ausgerechnet Länder verstrickt, mit denen die USA ohnehin nicht die freundschaftlichsten Kontakte pflegt. Da ist Ecuador mit seiner sozialistischen Regierung, die bereits Wikileaks-Gründer Julian Assange aufgenommen haben. Auch Snowden stellte nun einen Asylantrag. Da ist Russland, dass sich etwa auch in der Syrienfrage mit den USA angelegt hatte. Und da ist das mächtige China, dass unter anderem mit seinen Zöllen gerade weltweit für Unmut sorgt.

Außenminister Kerry zeigt sich "zutiefst beunruhigt"

Drei Länder gegen die USA, hinzu kommen sozialistische Länder wie Kuba und Venezuela, die bekannt dafür sind, sich gegen die USA zu stellen und als Zwischenstation für Snowden noch eine Rolle spielen könnten. Und alle haben eines mit den USA gemeinsam: Auch sie sind nicht gerade Vorbilder in Bezug auf den Datenschutz und noch weniger in Bezug auf Pressefreiheit und die Freiheit des Internets.

Doch im Moment spricht darüber keiner, denn am Pranger stehen einzig und allein die USA. Sie müssen sich schwere Vorwürfe gefallen lassen. Eine Petition fordert Straffreiheit für Snowden. Die Regierung in Washington steht massiv unter Druck und dürfte umso gefrusteter sein, je länger sich die Suche nach dem Whistleblower, der unter anderem wegen Geheimnisverrats gesucht wird, hinzieht.

Entsprechend deutlich sind denn auch die Vorwürfe aus den USA insbesondere in Richtung Russland und China. "Zutiefst beunruhigend", nannte es Außenminister John Kerry, wenn die Länder von Snowdens Reiseplänen gewusst und die Auslieferung an die USA durchkreuzt hätten. Er warnte China und Russland vor Konsequenzen, sprach von einem "schweren Rückschlag" in den Beziehungen zwischen Washington und Peking.

US-Präsident Barack Obamas Sprecher Jay Carney sagte in Bezug auf die Entscheidung Hongkongs, Snowden nach Russland ausreisen zu lassen: "Diese Entscheidung hat ohne Frage negative Folgen für das amerikanisch-chinesische Verhältnis." Und Obamas Parteifreund Chuck Schumer aus dem Senat erklärte, Russlands Präsident Putin sei "geradezu erpicht darauf, den Vereinigten Staaten einen Finger ins Auge zu bohren".

Moskau: "Die Amerikaner können nichts fordern"

Klar, dass Peking und Moskau sich die Kritik nicht einfach so gefallen lassen. Sie holen zum Gegenschlag aus. Russland bleibt gelassen und erklärte, man sehe keinen Grund für einen Auslieferung, ohnehin habe man keine Informationen darüber, wo sich Snowden aufhalte. "Die Amerikaner können nichts fordern" erklärte der Menschenrechtsbeauftragte der russischen Regierung, Wladimir Lukin. "Wir können ihn übergeben — oder wir können ihn nicht übergeben."

Scharfe Worte folgen derweil aus Peking. Wie Spiegel Online schreibt, widmet sich die staatliche Zeitung "People's Daily", die als eines der Sprachrohre der chinesischen Regierung gilt, dem Fall, bezeichnet Snowdens Enthüllungen als solche, "die Washington die scheinheilige Maske vom Gesicht reißen".

Anschuldigungen der USA, man habe Snowden bei der Flucht aus Hongkong unterstützt, wies man in dem Beitrag zurück, das sei "grundlos und inakzeptabel". Und schließlich seien doch die USA die "Angreifer auf die Netzwerke anderer Länder". Der Ton im Fall Snowden jedenfalls wird von Tag zu Tag schärfer — von beiden Seiten. Es sind frostige Zeiten für die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA, Russland und China, aber auch Ecuador. Und eine Entspannung ist nicht in Sicht, zumindest nicht so lange, wie Snowden weiterhin auf der Flucht ist.

mit Agenturmaterial

(das)
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