Rückschlag für Euroland Slowenien droht Reformstau und unsichere Zukunft

Ljubljana · Im Euroland Slowenien sind sich alle einig: Schon nach einem Jahr soll ein neues Parlament gewählt werden. Möglichst noch vor der Sommerpause. Doch weil die von der Verfassung vorgegebenen Fristen eng sind, rechnen die Medien des Landes eher mit September als mit Juni.

 Alenka Bratusek verlässt das Amt der Regierungschefin.

Alenka Bratusek verlässt das Amt der Regierungschefin.

Foto: afp

Damit wäre das laufende Jahr für den angelaufenen Reformprozess im schwer angeschlagenen Alpen- und Adrialand verloren. Die Spitzenverbände der Wirtschaft reagieren alarmiert. Der erwartete Stillstand versetze Slowenien auf den internationalen Finanzmärkten einen schweren Rückschlag, heißt es. Die Finanzierungskosten würden deutlich steigen. Die scheidende Chefin der bisherigen Mitte-Links-Regierung, Alenka Bratusek, warnt dagegen vor Panik: Ihre Regierung habe die wichtigsten Reformschritte getan. Die politische Krise könne dem Umbau der Wirtschaft nichts anhaben.

Der Blick auf die Parteienlandschaft zeigt, dass wegen ihrer Zersplitterung auch von Neuwahlen kaum stabile Verhältnisse zu erwarten sind. Schon jetzt sitzen im 90-köpfigen Parlament sieben Parteien sowie drei unabhängige Abgeordnete und jeweils ein Vertreter der italienischen und ungarischen Minderheit.

Machtkämpfe in der stärksten Partei

Zu allem Überfluss hat sich die stärkste politische Kraft, die Partei "Positives Slowenien" (PS) von Bratusek, nach dem inneren Machtkampf gespalten. Wahrscheinlich wird die bisherige Regierungschefin daher mit einer neuen Partei bei den Wahlen antreten.

Der bisherige Juniorpartner in der Bratusek-Regierung, Innenminister Gregor Virant, sieht das Ende der Regierung von Kräften veranlasst, denen der Kampf gegen die weit verbreitete Korruption nicht gefallen habe. Doch er selbst hat gerade ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden, nachdem er sich jahrelang von der staatlichen Fluggesellschaft mit Billigtickets versorgen ließ. Die Folge: Nach der neusten Meinungsumfrage würde seine Bürgerliste (DL) bei Neuwahlen nicht den Sprung ins Parlament schaffen.

"Ich kann nur hoffen, dass die Menschen bei der Wahl die Polizei nicht denen überlassen, gegen die sie Untersuchungen führt", sagte der sozialdemokratische Parteichef Igor Luksic am Wochenende. Er zielte offensichtlich auf die beiden mächtigsten Politiker Sloweniens: Der zweimalige Regierungschef und heutige Oppositionsführer Janez Jansa ist wegen Korruption gerade zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der PS-Gründer Zoran Jankovic, Bürgermeister in der Hauptstadt Ljubljana, geriet wegen zwei Millionen Euro ins Visier der staatlichen Antikorruptionsbehörde.

Dennoch sieht die jüngste Meinungsumfrage die SDS-Partei von Jansa in Führung - aber nur mit 13 Prozent der Stimmen. Auf nur ein Prozent weniger kommt die weiter populäre Bratusek mit einer eventuellen neuen Partei. Abgestraft wird dagegen nach diesen Daten der PS-Parteigründer Jankovic. Vom ersten dürfte er auf den fünften Platz abfallen. Nach der vorgezogenen Parlamentswahl ist also eine schwere Regierungsbildung zu erwarten.

Dabei schlägt den Politikern des Landes in der Bevölkerung unverhohlene Ablehnung entgegen. Im vergangenen Winter gingen Zehntausende Menschen wiederholt auf die Straßen, um ihrem Unmut gegen "die unfähige Politikerklasse" Luft zu machen. Allerdings ist dieser "gesamtslowenische Bürgeraufstand" weitgehend eingeschlafen.

(dpa)
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