Sipri-Bericht zu Rüstung Die Bedrohung im Auge behalten

Meinung · Die Ukraine und weitere westliche NATO-Staaten rangieren weit oben in Sachen Rüstungsimport. Die Ursache dafür ist klar. Platz eins und zwei besetzen allerdings Staaten, die nicht täglich Schlagzeilen machen – und doch die internationalen Spannungen verstärken.

 Auch Deutschland ist beteiligt am Platz drei der Ukraine als Waffenimporteur - unter anderem mit Puma-Panzern. (Archivbild)

Auch Deutschland ist beteiligt am Platz drei der Ukraine als Waffenimporteur - unter anderem mit Puma-Panzern. (Archivbild)

Foto: dpa/Holger Hollemann

Die Nachricht ist keine Überraschung: Innerhalb nur eines Jahres ist die Ukraine zu einem der größten Importeure von Rüstungsgütern weltweit geworden. Natürlich ist das eine Folge des Krieges, der mit dem Überfall Russlands im Februar 2022 begann und der nun erstmals in die Statistiken des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) einfließt. Den Friedensforschern zufolge erreichte die Ukraine Platz drei des Rankings (vorher Platz 14), vor allem durch die Militärhilfen aus den USA und Europa. Polen und Deutschland gehören zu den wichtigsten europäischen Lieferanten. Von Rüstungsexporten im Wert von 8,36 Milliarden Euro, die die Bundesregierung im Jahr 2022 genehmigt hat, entfielen 90 Prozent auf engste Partnerländer und die "Unterstützung der Ukraine bei ihrer Selbstverteidigung gegen den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs", wie das Bundeswirtschaftsministerium im vergangenen Jahr mitteilte.

Die Lieferungen sind nach Ansicht der Sipri-Forscher von entscheidender Bedeutung für die Bemühungen, die russische Offensive einzudämmen. Der Krieg ließ die Aufrüstung in ganz Europa stark ansteigen: Die Einfuhren schwerer Waffen wie Panzer, Kampfjets und U-Boote nach Europa sind im Vergleich der vergangenen beiden Fünfjahreszeiträume um 47 Prozent höher – die europäischer NATO-Staaten sogar um 65 Prozent. Und das, während der weltweite Trend in die andere Richtung geht – im Schnitt jedenfalls.

Der Bericht der Friedensforscher erscheint erwart- und erklärbar. In diesem Sinne beinahe beruhigend. Doch die beiden ersten Plätze des Rüstungs-Rankings geben zu denken: Die meisten Waffen weltweit gehen nach wie vor nach Indien – und das, obwohl Russland seine Lieferungen an Indien aufzurückgefahren hat (minus 37 Prozent), stattdessen mehr nach China exportiert (plus 39 Prozent). Indien fühle sich zunehmend von China bedroht, erklärte Sipri-Forscher Siemon Wezeman schon 2014, als das Land bereits die Liste anführte. Zu den Gründen zähle der Streit um Territorien im Grenzgebiet und die Aufrüstung Chinas – das inzwischen auch die eigene Waffenproduktion ausgebaut hat.

Neben der unsicheren Gesamtlage in Asien, wo mit 30 Prozent immer noch mehr Waffen hin geliefert werden als nach Europa, sollte der Nahe Osten nicht aus dem Blick verloren werden. Drei der Top-10-Importeure in den vergangenen fünf Jahren sind: Saudi-Arabien, Katar und Ägypten. In Katar (Platz zwei der Importeure) ist die Waffeneinfuhr in dem Zeitraum um 311 Prozent (!) gestiegen. Besonders bitter: Zu den Lieferanten, auch von Kriegswaffen, zählt nach wie vor auch Deutschland. Zwar hatte sich schon die große Koalition von Union und SPD 2018 vorgenommen, keine Rüstungsgüter in Länder zu exportieren, die aktiv am Jemen-Krieg beteiligt sind. Nur für Saudi-Arabien wurde schließlich ein Exportstopp erlassen – allerdings mit Ausnahmen, die auch die Ampel-Regierung weiterhin zulässt. Allein für das wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik stehende Katar wurden 2022 Ausfuhrerlaubnisse mit einem Gesamtwert von 50,2 Millionen Euro erteilt, darunter Kriegswaffen für 10,2 Millionen Euro. Trotz des schrecklichen Krieges mitten in Europas darf das nicht untergehen.

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