Vor zehn Jahren erreichte er erstmals die absolute Mehrheit Silvio Berlusconi: Spekulant, Medienmogul, Ministerpräsident

Düsseldorf (rpo). Silvio Berlusconi, italienischer Regierungschef und Medienzar hat seinen Aufstieg gezielt geplant und durchgesetzt. Dennoch bleibt der Weg zum Medienmogul und Ministerpräsidenten Italiens ein Mysterium.

Bush und Berlusconi: Szenen einer Freundschaft
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Sicher ist: Silvio Berlusconi wurde 1936 in Mailand geboren, stammt aus kleinbürgerlichen Verhältnissen und besuchte ein Internat der Salesianer, wo er erste Geschäfte machte. Während seines Jurastudiums verkaufte er Staubsauger, sang auf Kreuzfahrtschiffen und jobbte für eine Baufirma. 1961 schloß er sein Studium ab und begann seine Karriere als Bauunternehmer, dessen größtes Projekt ihn in ganz Italien bekannt machte: Milano 2, die Trabantenstadt nördlich von Mailand.

Seit Anfang der siebziger Jahre investiert Berlusconi in private Fernsehsender. Sein erstes Programm für die Bewohner von Milano 2 strahlte er noch aus dem Keller eines Hotels aus, zwölf Jahre später besaß er bereits 27 Sender, 600 Relaisstationen, zahlreiche Studios und die Rechte an Film- und Fernsehklassikern wie "Vom Winde verweht" und "Dallas".

Berlusconi stieg im Herbst 1993 mit der erklärten Absicht, einen neuen Aufschwung der politischen Mitte in Italien anzustoßen, aktiv in die Politik ein. Damals zerbröckelte das Nachkriegs-Parteiensystem. Ursache dessen waren allgemeiner Überdruss angesichts Korruption, des Nord-Süd-Gefälles Italiens und des Abschleifens der alten Partei formierenden Grundsätze wie Laizismus, politischer Katholizismus und Antikommunismus.

Die reformierten ehemaligen Kommunisten in der damaligen PDS erwiesen sich als einigende Kraft der Linken, die sich als Alternative für die Regierung empfahl. In das Vakuum im Zentrum drängten zuerst die Liga Nord des Umberto Bossi sowie die sich zur verfassungstreu-konservativen Alleanza Nazionale (AN) wandelnden Postfaschisten um Giancarlo Fini. Ende 1993 trat Berlusconi mit einer eigenen Formation auf, die er nach dem Schlachtruf der italienischen Fußballer benannte, Forza Italia (FI), "Vorwärts Italien".

Im Vorfeld der Parlamentswahlen vom März 1994 gegründet, erinnterte die perfekt organisierte FI kaum an eine Partei. Werbung undTV der Mediaset machten die FI als Sammlungsbewegung Berlusconis bekannt, die Fanclubs des AC Milano dienten als regionale Büros. Bald zählte die FI rund 200.000 Mitglieder. Vor den Wahlen formierten sich die Parteien zu einem starken Links- sowie einem Rechtsbündnis. Berlusconis FI schloss sich mit der Lega und AN zur recht gerichteten "Freiheitsallianz" zusammen. Auf Grund dieser Bündnispartner, aber auch angesichts seiner Medienmacht geriet Berlusconi ins Kreuzfeuer der Presse.

Auf Anhieb stärkste Partei

Bei den Wahlen 1994 wurde die FI mit 21,5 % auf Anhieb stärkste Partei. Die "Freiheitsallianz" wurde mit 366 von 630 Sitzen im Abgeordnetenhaus und 155 von 315 Sitzen im Senat das größte Bündnis. Die vornehmlich aus Technokraten und Vertrauten Berlusconis im Mai 1994 gebildete Regierung stieß innerhalb der EU auf Distanz, nicht zuletzt wegen der Beteiligung der AN. Als Regierungschef konnte sich Berlusconi nur von Mai bis Dezember 1994 behaupten.

In der Finanzpolitik förderte Berlusconi eine investitionsfreundliche Politik, hinzu kanen auch Budgetsanierungen angesichts der EU-Währungsunion, besonders auf Kosten des Sozialsystems. In der Außenpolitik erwies sich Berlusconi als glänzender Gastgeber, doch diente dies vor allem als Bühne für die Innenpolitik. Nach Verlusten der Koalition bei Teilkommunalwahlen im Dezember verließ Bossis Lega die Koalition. Berlusconi verlor die Mehrheit im Parlament, warf Bossi "Verrat" und erklärte am 22. Dezember 1994 seinen Rücktritt.

Nach 1994 wurde Berlusconis politische Stellung durch staatsanwaltliche Ermittlungen und Prozesse zwar häufig angegriffen, aber nie ernsthaft erschüttert. So wurde er in Italien und Spanien in rund einem Dutzend Verfahren angeklagt. Zu den Vorwürfen gehörten Meineid, Bestechung, illegale Parteifinanzierung, Bilanzfälschung, Steuerhinterziehung und Mafiakontakte. Bis 2001 wurd Berlusconi viermal erstinstanzlich zu Haftstrafen verurteilt, aber jeweils zweitinstanzlich freigesprochen.

Ungeachtet mancher Vermutungen blieb Berlusconi auch nach Ende seiner Regierung in der Politik und arbeitete an der Rückkehr in den Palazzo Chigi (Amt des Ministerpräsidenten). Berlusconi arbeitete fortan am Neuaufbau eines stabilieren Mitte-Rechts-Bündnisses. Im Okt. 200 erneuerte Berlusconi das Mitte-Rechts-Bündnis nunmehr wieder unter Einschluss der Lega Nord. Bei den Parlamentswahlen am 13. Mai 2001 sichert sich das Bündnis "Casa delle libertà" bei der Wahlbeteiligung von 81,2 Prozent die absolute Mehrheit.

In Berlusconis seit dem 11. Juni 2001 amtierender Regierung erhielt die FI zehn von 23 Ministerien, wobei Schlüsselpositionen an seine Vertrauten und Fachleute gingen. Mit wachsender Sorge beobachteten Oppositionelle im In- und Ausland die Gesetzesvorgaben der Regierung, die den Regierungschef juristisch oder geschäftlich bevorteilten und die Autonomie der staatlichen Medien beschnitten. Im Mai 2003 musste sich Berlusconi vor einem Gericht in Mailand wegen angeblicher Richterbestechung im Zusammenhang mit der Verkauf des ehemals staatlichen Nahrungsmittelkonzerns SME durch die vom heutigen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi geleitete Staatsholding IRI in den 80er Jahren verantworten.

Suspendiert wurde er von diesem Verfahren im Juni 2003 durch das vom Parlament gebilligte Immunitätsgesetz, das dem Staats- und Ministerpräsidenten, dem Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern sowie dem Vorsitzenden des Verfassungsgerichtshof während ihrer Amtszeit absolute Immunität vor strafrechtlicher Verfolgung zusicherte.

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