Sigrid Kaag Niederländische Außenministerin tritt wegen Afghanistan-Einsatz zurück

Den Haag · Sigrid Kaag räumt ein, dass die Regierung langsam und planlos auf die Lage in Afghanistan reagiert habe - zum Leidwesen von Ortskräften. Nun zieht die niederländische Chefdiplomatin Konsequenzen.

 Die bisherige niederländische Außenministerin Sigrid Kaag bei ihrer Rücktrittsrede in Den Haag.

Die bisherige niederländische Außenministerin Sigrid Kaag bei ihrer Rücktrittsrede in Den Haag.

Foto: AFP/SEM VAN DER WAL

Die niederländische Außenministerin Sigrid Kaag hat nach einer scharfen parlamentarischen Rüge wegen Versäumnissen bei Evakuierungen aus Afghanistan ihr Amt niedergelegt. Am Donnerstag nahmen Abgeordnete einen Missbilligungsantrag an, der die Regierung für Fehler bei der Organisation der Luftbrücke tadelt. Kurz darauf kündigte Kaag an, dass sie ihren Rücktritt einreichen werde. Das Parlament habe entschieden, dass „das Kabinett unverantwortlich agiert hat“. Als „Ministerin mit der ultimativen Verantwortung“ könne sie nichts anderes tun, als die Konsequenzen dieser Entscheidung zu akzeptieren, sagte Kaag mit Blick auf den Missbilligungsantrag.

Zuvor hatte sie in einer Parlamentsdebatte eingeräumt, dass die Regierung schleppend und chaotisch auf Warnungen zur Situation in Afghanistan reagiert habe. Dies habe dazu geführt, dass einige Ortskräfte und Menschen, die für die niederländischen Truppen als Übersetzer gearbeitet hatten, vor oder nach der handstreichartigen Machtübernahme der Taliban nicht außer Landes hätten gebracht werden können, bekannte sie.

Der Antrag gegen Kaag war von der zur Regierungskoalition gehörenden Christenunion unterstützt worden, wie ein Abgeordneter der Partei, Don Ceder im Vorfeld mitteilte. Dadurch kam die Mehrheit für die parlamentarische Missbilligung zustande.

Eine solche Rüge bekam auch Verteidigungsministerin Ank Bijleveld, ein Mitglied der Christenunion. Die Regierung habe es versäumt, Entschlossenheit und Barmherzigkeit zu zeigen, Signale zu deuten und „letztlich Verantwortung für Menschen zu übernehmen, für die wir Verantwortung tragen“, ergänzte Ceder mit Blick auf den Umgang der Regierung mit der Lage in Afghanistan.

Kaag gehörte einem Kabinett an, das nur geschäftsführendend im Amt ist, da sich die Regierungsbildung auch rund sechs Monate nach der Parlamentswahl hinzieht. Die bisherige Chefdiplomatin ist als Chefin der linksliberalen Partei D66 stark in Koalitionsverhandlungen mit Interimsministerpräsident Mark Rutte eingebunden, dessen konservative Partei VVD bei der Wahl die meisten Stimmen holte.

Zunächst war offen, ob und in welchem Umfang Kaags Rücktritt sich auf laufende Gespräche auswirkt. Der Sender NOS meldete aber, dass sie an der Spitze von D66 bleiben und die Koalitionsverhandlungen weiterführen wolle. In ihrer Rücktrittsrede kündigte Kaag auch an, dass auch die Minister aus den Reihen ihrer Partei in der geschäftsführenden Regierung bleiben würden.

(peng/dpa)
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