Japan Shinzo Abe tritt zurück

Tokio (RPO). Nach einer einjähriger Regierungszeit hat der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe seinen Rücktritt erklärt. Er zieht damit die Konsequenzen aus einem rapiden Popularitätsverlust und einer Serie von Skandalen in seinem Kabinett.

Vor Journalisten in Tokio kündigte Abe auch seinen Rücktritt als Vorsitzender der konservativen Liberaldemokratischen Partei (LDP) an, die im Juli bei den Oberhauswahlen eine schwere Niederlage erlitten hatte.

Abe forderte die Partei auf, schnellstmöglich einen neuen Vorsitzenden zu wählen. Der Chef der stärksten Regierungspartei ist in Japan traditionell auch der Ministerpräsident. Als Favorit gilt der LDP-Generalsekretär und frühere Außenminister Taro Aso.

"Die unentwirrbare Lage, in der ich mich befinde, macht meine Aufgabe sehr schwer", sagte der den Tränen nahe Noch-Regierungschef. Bis zur Wahl des neuen LDP-Vorsitzenden, die Medienberichten zufolge am kommenden Mittwoch stattfinden soll, und der anschließenden Beförderung des Parteichefs zum Ministerpräsidenten durch das Parlament bleibt Abe im Amt.

Er habe beschlossen zurückzutreten, um das Ausmaß der politischen Krise möglichst zu begrenzen, sagte Abe. Die Partei müsse unter ihrem künftigen Vorsitzenden "neuen Schwung und Fortschritt" erzeugen. Abes Sprecher Kaoru Yosano erklärte den Rücktritt des 52-jährigen Politikers auch mit gesundheitlichen Problemen.

Nach dem Wahldebakel der LDP am 29. Juli, bei dem die Partei die Kontrolle über das Oberhaus verlor, hatte die erstarkte Opposition versucht, die von Abe geplanten innenpolitischen Maßnahmen zu blockieren.

Die Mitte-links-Opposition prangerte unter anderem die Rentenpolitik der Regierung an und warf ihr eine Politik der sozialen Ungerechtigkeit vor. Sie wandte sich außerdem gegen eine Fortsetzung der logistischen Unterstützung für die NATO- und US-geführten Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak.

Abe war als Regierungschef im September 2006 mit dem Ziel angetreten, Japans pazifistische Nachkriegsverfassung zu revidieren. Die Stationierung der japanischen Marine im Indischen Ozean, die von dort aus Nachschub-Unterstützung für den Militäreinsatz in Afghanistan leistet, ist Teil dieser Politik.

Noch am Montag hatte Abe im Parlament für die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes über den 1. November hinaus geworben und unter Verweis auf seine Unterhaus-Mehrheit einen Rücktritt erneut ausgeschlossen. Oppositionsführer Ichiro Ozawa von der Demokratischen Partei (DPJ) hatte angekündigt, dass er mit seiner Mehrheit im Oberhaus ein Veto gegen die Verlängerung einlegen werde.

Abes Skandal-Regierung

Abes Regierung wurde durch eine Reihe von Skandalen geschwächt. Vier Kabinettsmitglieder traten zurück, ein fünfter beging Selbstmord. Ende August hatte Abe angesichts schwindender Zustimmungswerte in der Bevölkerung bei einer groß angelegten Kabinettsumbildung alle wichtigen Minister ausgetauscht. Aber nur eine Woche später trat sein neuer Landwirtschaftsminister Takehido Endo wegen Korruptionsvorwürfen zurück. Auch dessen Nachfolger wurde eine Verstrickung in eine Finanzaffäre vorgeworfen.

Zuletzt kündigte eine japanische Wochenzeitung Enthüllungen über die Verwicklung Abes in eine Steuerhinterziehungsaffäre an. Laut einer am Wochenende veröffentlichten Umfrage sank der Rückhalt von Japans jüngstem Regierungschef nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bevölkerung auf weniger als 30 Prozent.

Abe, der erste Ministerpräsident Japans, der nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde, entstammt einer Politikerdynastie. Aus der Bewunderung für seinen Großvater Nobusuke Kishi macht er keinen Hehl. Dieser war Mitglied des Kriegskabinetts und wurde nach 1945 von den USA als Kriegsverbrecher festgenommen, aber nie verurteilt. Nach dem Krieg wurde Kishi Ministerpräsident und setzte gegen die Linke das neue Bündnis mit den USA um. Abes Vater war Außenminister.

Der als aussichtsreicher Kandidat für Abes Nachfolge gehandelte Aso wird wie dieser dem nationalistischen Flügel zugerechnet, der insbesondere gegenüber Nordkorea und China eine harte Linie vertritt.

(afp)
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