Opposition boykottierte Urnengang Partei von Präsident Vucic gewinnt Parlamentswahl in Serbien klar

Belgrad · Die Folgen der Corona-Pandemie überschatteten den Urnengang in Serbien. Mehrere Parteien hatten zum Boykott der Wahl aufgerufen. Das Ergebnis ist ein Parlament fast ohne Opposition. Die Übermacht von Aleksandar Vucics rechtsnationaler Partei wird noch größer.

 Serbiens Präsident Aleksandar Vucic feiert am Abend in Belgrad den Sieg seiner Fortschrittspartei.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic feiert am Abend in Belgrad den Sieg seiner Fortschrittspartei.

Foto: AFP/ALEKSANDAR DIMITRIJEVIC

Die regierende Fortschrittspartei von Präsident Aleksandar Vucic hat nach aussagekräftigen Teilergebnissen die Parlamentswahl in Serbien klar gewonnen. Bei der Abstimmung am Sonntag kam die rechtsnationale SNS (Serbische Fortschrittspartei) auf 63 Prozent der Stimmen und dürfte damit 179 der 250 Parlamentsmandate errungen haben, berichtete die Wahlforschungsgruppe Cesid nach Auszählung von 76 Prozent der Wahllokale. Die Wahlbeteiligung war gering, Wahlforschern zufolge lag sie bei 48 bis 49 Prozent. Vor vier Jahren gingen noch 56 Prozent der Serben zur Wahl.

"Ich danke dem Volk für diese historische Unterstützung", sagte Vucic vor feiernden Anhängern am Hauptsitz seiner Mitte-Rechts-Partei in Belgrad. "Wir haben überall gewonnen."

Den Urnengang überschatteten ein Boykott der wichtigsten Oppositionsparteien sowie die Folgen der Corona-Pandemie. Die Wahl war eigentlich für den 26. April geplant und wegen des - inzwischen aufgehobenen - Ausnahmezustands verschoben. In der Corona-Krise vermochte Vucic, der als Präsident die Regierung anleitet und alle wichtige Entscheidungen selbst trifft, noch mehr öffentliches Rampenlicht auf sich zu ziehen als sonst.

Die wichtigsten Oppositionsparteien boykottierten die Wahl. Sie sahen schon vor der Corona-Krise die Voraussetzungen für freie und faire Wahlen nicht erfüllt. Vucic regiert seit 2014 als Ministerpräsident und seit 2017 als Präsident zunehmend autoritär über das Balkanland. Die meisten Medien werden von ihm und seinen Geschäftsfreunden kontrolliert. Mit dem Zugriff auf die staatlichen Ressourcen sichern sich Vucic und die seit 2012 regierende SNS eine übermächtige Präsenz in der Öffentlichkeit.

Das wirkte sich auch am Wahlsonntag aus. Nur zwei weitere Parteien dürften aus eigener Kraft den Einzug in die Volksvertretung geschafft haben. Dabei hatte der Gesetzgeber noch im Februar die Sperrklausel für den Parlamentseinzug von 5 auf 3 Prozent herabgesetzt, um eine allzu monotone Zusammensetzung der Volksvertretung abzuwenden.

Die Sozialistische Partei Serbiens (SPS) kommt demnach auf elf Prozent der Stimmen und wahrscheinlich 30 Mandate. Sie ist aber seit 2012 ohnehin in einer Koalition mit der SNS und stellt mit Ivica Dacic den Außenminister. Einziger Nutznießer der abgesenkten Sperrklausel dürfte die Partei Spas (Rettung) des Reformpolitikers und ehemaligen Wasserballers Aleksandar Sapic sein. Sie steht laut Cesid bei knapp vier Prozent und zehn Mandaten. Darüber hinaus sind einigen ethnischen Minderheiten, so etwa den Ungarn, Bosniaken und Albanern, Parlamentssitze zugesichert.

Die Wahlnacht dominierten nicht die Erklärungen der Wahlsieger und Wahlverlierer, sondern die des Super-Siegers und der boykottierenden Opposition. Vucic, dessen Partei nicht mit ihrem Namen, sondern mit der blumigen Listenbezeichnung „Aleksandar Vucic - Für die Zukunft unserer Kinder“ auf den Stimmzetteln stand, sprach am späten Sonntagabend von einem „historischen Triumph“ seiner SNS. „Von 3,3 Millionen Stimmen haben wir mehr als zwei Millionen gewonnen“, gab er sich euphorisch. Wahlberechtigt waren rund 6,6 Millionen Bürger.

„Serbien hat heute unzweideutig Nein gesagt zum Regime von Aleksandar Vucic“, sagte hibngegen Oppositionsführer Dragan Djilas, früher Bürgermeister von Belgrad. „Der Boykott hat sein Ziel erreicht, er hat das Regime bloßgestellt, den Irrsinn, dem wir seit Jahren ausgesetzt sind.“

Zugleich war die serbische Wahl am Sonntag der erste Urnengang in einem europäischen Land, seit Beginn der Corona-Pandemie. In den fast 8400 Wahllokalen herrschte für das Wahlpersonal Maskenpflicht, den Wählern war das Tragen einer Maske empfohlen worden. Gewählt wurden auch die Abgeordnetenkammer der halbautonomen Nordprovinz Vojvodina sowie Gemeindevertretungen im ganzen Land.

(juju/dpa/afp)
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