Direkte Demokratie Schweizer stimmen gegen Mindestlohn und teure Kampfjets

Bern · Die Schweizer waren am Sonntag zu vier Volksabstimmungen aufgerufen. Ein Mindestlohn von rund 18,50 Euro wurde abgelehnt. In einer anderen Entscheidung wird verurteilten Pädophilen auf Lebenszeit jeglicher Umgang mit Minderjährigen in Beruf und Ehrenamt verboten. Das Volk durchkreuzte zudem teure Pläne des Verteidigungsministeriums.

So haben die Schweizer abgestimmt
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Foto: dpa, ge oro lb

Das Vorhaben des Verteidigungsministeriums in Bern, die Luftwaffe mit dem Kauf von 22 Kampfjets vom Typ Gripen des schwedischen Herstellers Saab zu modernisieren, wurde abgelehnt.

53,4 Prozent der Abstimmungsteilnehmer sagten laut amtlichem Endergebnis Nein zur Anschaffung der Gripen-Jets. Dafür wollte Bern umgerechnet 2,6 Milliarden Euro ausgeben. Es ist das erste Mal, dass das Schweizer Stimmvolk der Armee neue Kampfflugzeuge versagt.

Bürgerliche Parteien zeigen sich enttäuscht

Die Schweden-Jets sollten in den nächsten Jahren veraltete Kampfflugzeuge vom Typ F-5/Tiger ersetzen. Sonst könne die Luftverteidigung der Schweiz nicht mehr gewährleistet werden, hatte der nationalkonservative Verteidigungsminister Ueli Maurer erklärt.
Die Gegner der Anschaffung monierten nicht nur technische Probleme - der Gripen ist erst noch in der Entwicklung -, sondern stellten auch die Grundsatzfrage: Braucht die Schweiz als neutrales Land eine hochgerüstete Luftwaffe?

Politiker von Maurers Schweizerischer Volkspartei (SVP) sowie anderer bürgerlicher Parteien und die Armee reagierten enttäuscht auf das Wählervotum. "Ich nehme das durchaus etwas persönlich", sagte Maurer bei einer Fernsehpressekonferenz auf die Frage, ob er das Votum gegen die Kampfjets als "persönliche Niederlage" empfinde.

Auch die Gewerkschaften sind nicht zufrieden

Groß war auch die Enttäuschung bei den Gewerkschaften über die überraschend eindeutige Ablehnung einer gesetzlich festgelegten Lohnuntergrenze. "Wir wollen aber weiterhin gegen niedrige Löhne vorgehen, nun aber auf anderen Wegen", erklärte Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB). Er warf den Unternehmern "Angstmacherei" vor. Die meisten Menschen seien eigentlich nicht dagegen, dass Löhne gefordert werden, die zum Leben reichten.

Die Wirtschaft hatte vor einem gesetzlichen Mindestlohn gewarnt. Er schade dem Standort Schweiz und werde Arbeitsplätze vernichten. Dass die Mindestlohn-Initiative zurückgewiesen wurde, sei "ein großartiger Erfolg", freute sich der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes (SGV), Hans-Ulrich Bigler.

Die Schweizer wollten kein Lohndiktat vom Staat in den Unternehmen; sagte er. "Dies war nun ein klares Votum des Volkes für die Wirtschaft und das System, den Lohn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszuhandeln."

International mit Spannung verfolgt

Die Schweizer Lohn-Abstimmung war in Nachbarländern mit Spannung verfolgt worden. In Deutschland hatte sich die schwarz-rote Bundesregierung erst nach viel Hin und Her auf die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2015 geeinigt. Über Ausnahmen wird immer noch gestritten.

Zustimmung gab es bei den Schweizer Referenden erwartungsgemäß für eine Initiative, straffällig gewordenen Pädophilen jedwede berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen auf Lebenszeit zu verbieten. Dafür stimmten 63,5 Prozent.

Sogar mit 87,5 Prozent wurde der Vorschlag angenommen, ein Gebot zur Gewährleistung einer medizinischen Grundversorgung einschließlich hoch qualifizierter Hausarztmedizin in der Verfassung zu verankern.

(dpa)
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