Streit mit Koalitionspartner Schwedens neue Regierungschefin tritt nur Stunden nach ihrer Wahl zurück

Stockholm · Die neue schwedische Regierungschefin schreibt als erste Frau im Amt für wenige Stunden Geschichte. Der Streit um den künftigen Haushalt kostet sie allerdings den Koalitionspartner.

Magdalena Andersson.

Foto: dpa/Fredrik Persson

Im Streit um den künftigen Haushalt ist die schwedische Ministerpräsident Magdalena Andersson am Mittwoch nur wenige Stunden nach ihrer Ernennung wieder zurückgetreten. Die Grünen verließen die Minderheitsregierung, damit hatten Anderssons Sozialdemokraten keinen Partner mehr. Sie wolle keine Regierung führen, deren Legitimation Fragen aufwerfe, sagte Andersson, die Vorsitzende der Sozialdemokraten.

Die Ministerpräsidentin informierte Parlamentspräsident Andreas Norlén über ihre Entscheidung, teilte aber zugleich mit, sie sei immer noch daran interessiert, die Regierung zu führen. Das schwedische Parlament hatte die ehemalige Finanzministerin erst kurz zuvor am Mittwoch zur Nachfolgerin von Regierungschef Stefan Löfven bestimmt. Sie wurde damit die erste Frau in dem Amt in der Geschichte des Landes.

Parlamentspräsident Norlén sagte nach einem Bericht der schwedischen Nachrichtenagentur TT, er habe Anderssons Rücktrittsgesuch erhalten und werde sich mit den Parteivorsitzenden in Verbindung setzen, um die Situation zu besprechen. Am Donnerstag wollte er das weitere Vorgehen bekannt geben.

Der eigene Haushaltsvorschlag der Regierung wurde zugunsten eines Vorschlags der Opposition abgelehnt, zu der auch die rechtspopulistischen Schwedendemokraten gehören. Die drittgrößte Partei Schwedens hat ihre Wurzeln in einer neonazistischen Bewegung. „Jetzt hat die Regierung für einen Haushalt gestimmt, der von einer rechtsextremen Partei ausgehandelt wurde“, sagte der Sprecher der Grünen, Per Bolund. „Das ist etwas, was wir zutiefst bedauern.“

„Wir haben eine geeinte Partei hinter uns, die sagt, dass wir nicht in einer Regierung sitzen können, die eine (von den Schwedendemokraten) ausgehandelte Politik umsetzt. Wir müssen unseren Wählern in die Augen schauen und stolz sein“, sagte Marta Stenevi, eine andere Sprecherin der Grünen, als die Partei beschloss, die Regierung zu verlassen. Die Partei teilte mit, sie sei bereit, sich in einer neuerlichen Abstimmung über die Wahl eines Ministerpräsidenten hinter Andersson zu stellen.

Der verabschiedete Haushalt basierte auf dem Vorschlag der Regierung. Allerdings sollen von den 74 Milliarden Kronen (10 Milliarden Euro), die die Regierung für Reformen ausgeben wollte, im nächsten Jahr nur etwas mehr als 20 Milliarden Kronen 2,7 Milliarden Euro) fließen, wie der schwedische Fernsehsender SVT berichtete. Der genehmigte Haushalt sieht Steuersenkungen, höhere Gehälter für Polizeibeamte und mehr Geld für verschiedene Bereiche des schwedischen Justizwesens vor.

Andersson hatte in der Abstimmung im Parlament 117 Abgeordnete für sich gewinnen können, 174 waren gegen sie. 57 Abgeordnete enthielten sich, ein Parlamentsmitglied fehlte. Wenn keine Mehrheit von mindestens 175 der 349 Abgeordneten im schwedischen Parlament gegen einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Ministerpräsidentenamt stimmt, kann dieser oder diese gemäß der Verfassung regieren.

Die Ernennung Anderssons zur Ministerpräsidentin war ein Meilenstein für Schweden, das seit Jahrzehnten als eines der fortschrittlichsten Länder Europas gilt, was die Beziehungen zwischen den Geschlechtern betrifft. Bisher hatte aber noch keine Frau das politische Spitzenamt inne.

(mba/AFP)