Neue Proteste in Ägypten Schüsse und Brandsätze in Kairo

Kairo · Ägypten kommt nicht zur Ruhe. Je näher das umstrittene Verfassungsreferendum rückt, desto lauter werden die Proteste der Opposition. In der Nacht fielen Schüsse, auf dem Tahrir-Platz wurden Oppositionelle mit Brandsätzen beworfen.

Zehntausende protestieren gegen Präsident Mursi
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Zehntausende protestieren gegen Präsident Mursi

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In der ägyptischen Hauptstadt Kairo haben Unbekannte am Dienstag auf oppositionelle Demonstranten gefeuert und neun Menschen verletzt. Augenzeugen berichteten weiter, auf dem Tahrir-Platz hätten die Angreifer auch Brandsätze geworfen. Viele Menschen campierten auf dem symbolträchtigen Platz.

Linke, liberale und andere Oppositionsgruppen haben für Dienstag zu einem Marsch zum Präsidentenpalast aufgerufen, um gegen die von Präsident Mohammed Mursi eilends für Samstag angesetzte Volksabstimmung über die islamistisch geprägte Verfassung zu protestieren. Aber auch Anhänger des islamistischen Präsidenten haben für Dienstag zu Kundgebungen aufgerufen, um Mursi ihrer Unterstützung zu versichern.

Oppositionelle wurden aus dem Schlaf gerissen

Auf dem Tahrir-Platz wurden viele oppositionelle Demonstranten durch den Angriff aus dem Schlaf gerissen. Sie riefen: "Das Volk will den Sturz des Regimes." Auf dem zentralen Platz hatten sich vor fast zwei Jahren über Wochen Gegner des dann gestürzten Präsidenten Hosni Mubarak versammelt.

Vor dem Verfassungsreferendum hat Mursi den Streitkräften Polizeiaufgaben übertragen. So sei es Offizieren jetzt erlaubt, Zivilisten festzunehmen, hieß es in einem Dekret des Präsidenten. Darüber hinaus soll die Armee auch zum Schutz wichtiger Einrichtungen eingesetzt werden. Vergangene Woche war es bei Protesten gegen mittlerweile aufgehobene Machtdekrete Mursis zu Straßenschlachten gekommen. Sieben Menschen wurden getötet, Hunderte verletzt.

Muslimbrüder planen Kundgebungen

Die linken und liberalen Parteien wollen bei ihren Protestmärschen eine Verschiebung der für Samstag geplanten Volksabstimmung über eine neue Verfassung fordern. Sie lehnen den von den Islamisten formulierten Verfassungsentwurf ab. Das Dokument stärkt die Rolle der Religionsgelehrten im Staat und schwächt die Stellung der Frau in der Gesellschaft.

Die Muslimbrüder und ihre Verbündeten planen Kundgebungen unter dem Motto "Ja zur Rechtmäßigkeit". Die Studentenbewegung der Muslimbrüder teilte unterdessen mit, sie werde am Dienstag nicht wie geplant auf dem Universitätsgelände demonstrieren. Mit dem Verzicht wolle man gewaltsame Zusammenstöße mit den Demonstranten der Gegenseite vermeiden.

Armee darf Zivilisten festnehmen

Präsident Mursi hatte zuvor die Armee aufgerufen, bis zu der Volksabstimmung am Samstag auf den Straßen Ägyptens für Ordnung zu sorgen. Er gab ihnen das Recht, Zivilisten festzunehmen - solange bis das Ergebnis des Referendums veröffentlicht ist. Mursis Sprecher Jassir Ali erklärte am Montag, Mursi habe der Armee diese Sondervollmachten auf Wunsch der Wahlkommission erteilt. Die Richter des Staatsrates erklärten vor der Presse in Kairo, sie seien nur dann bereit, die Abstimmung zu überwachen, wenn für die Sicherheit der Richter in den Wahllokalen garantiert werde.

Die EU-Außenminister haben bei ihrem Treffen in Brüssel beide Lager zu einer friedlichen Beilegung des Streits aufgerufen. "Das ist eine sehr fragile Lage", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. "Es ist eine Lage, die mich auch deswegen so besorgt, weil wir den Erfolg der ägyptischen Revolution wollen." Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte: "Der Weg zur Demokratie ist wirklich steinig, aber es ist wichtig, dass die Bürger sich engagieren."

(dpa, Reuters)
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