Nahost-Quartett fordert Wiederbelebung des Friedensprozesses Scharon will Abstriche bei Rückzugsplan machen

Jerusalem (rpo). Das Nein seiner Likud-Partei hat beim israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon offenbar zum Umdenken geführt. Scharon will nur noch einzelne Siedlungen räumen. Unterdessen sprachen sich die Mitglieder des so genannten Nahost-Quartetts (USA, UN, EU, Russland) für einen umfassenden Rückzug und eine Wiederbelebung des Friedensprozesses aus.

Israel: Wieder Anschläge im Gaza-Streifen
12 Bilder

Israel: Wieder Anschläge im Gaza-Streifen

12 Bilder
Foto: AP

Wie am Dienstag aus Regierungskreisen verlautete, erwägt Scharon jetzt den Verzicht auf drei jüdische Siedlungen im Gazastreifen und auf zwei im Westjordanland.

Das Quartett hingegen begrüße Scharons Vorschlag zu einem vollständigen Abzug aus dem Gazastreifen, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Die internationalen Vertreter riefen Israel auf, bei einem Rückzug geräumtes Land schnellstens den Palästinensern zu übergeben. Weiter forderten sie eine Umstrukturierung der palästinensischen Führung, um Anschläge gegen Israel besser verhindern zu können.

Powell: Hoffnung auf palästinensischen Staat nicht aufgegeben

US-Außenminister Colin Powell versicherte den Palästinensern, Präsident George W. Bush habe mit seiner Rückendeckung für Scharons einseitigen Gaza-Plan, der auch die dauerhafte jüdische Besiedlung in Teilen des Westjordanlandes vorsieht, die Hoffnung auf einen palästinensischen Staat nicht aufgegeben. Das vorläufige Scheitern von Scharons Plan war auch ein Rückschlag für die USA. Scharons Likud-Partei hatte dessen Vorschlag, alle Siedlungen im Gazastreifen sowie vier im Westjordanland zu räumen, in einer Abstimmung am Sonntag mit 60 zu 40 Prozent abgelehnt.

Laut einer am Dienstag von der Tageszeitung "Jediot Ahronot" veröffentlichten Umfrage ist die Gesamtbevölkerung mehrheitlich für einen Abzug aus dem Gazastreifen. Bei einer Volksabstimmung wäre Scharons Plan mit 63 Prozent der Stimmen angenommen worden, schrieb das Blatt. Oppositionsführer Schimon Peres forderte Neuwahlen, weil Scharon von der eigenen Partei blockiert werde. Ernsthafte Fortschritte im Friedensprozess seien nicht zu erwarten.

Justizminister Josef Lapid von der Schinui-Partei erklärte nach einem Treffen mit Scharon, der Regierungschef habe ihm zugesichert, er werde sich um Zustimmung für einen veränderten Abzugsplan bemühen. Andernfalls werde die liberale Schinui-Partei aus der Regierungskoalition aussteigen, drohte Lapid.

Amtssitz Arafats vorübergehend umstellt

Bei einem israelischen Raketenangriff im Gazastreifen wurden zwei Palästinenser getötet und 22 weitere verletzt. Nach Angaben palästinensischer Augenzeugen und Ärzte wurde die Rakete im Flüchtlingslager Chan Junis abgefeuert, nachdem militante Palästinenser israelische Panzer beschossen hatten. Bei den Toten handele es sich um ein Hamas-Mitglied und einen 16-jährigen Zivilisten.

In Ramallah fuhren am Dienstagmorgen vorübergehend Militärfahrzeuge vor dem Amtssitz des palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat auf, Soldaten besetzten gegenüberliegende Gebäude. Die Streitkräfte erklärten, die Soldaten hätten nach mutmaßlichen Extremisten gefahndet.

Bei einer Explosion in einem Dorf im Westjordanland wurde ein neun Jahre alter Junge getötet. Anwohnern zufolge war eine Mine oder Granate aus Beständen der israelischen Streitkräfte explodiert, die dort regelmäßig Übungen durchführen. Ein israelisches Militärgericht im Westjordanland klagte einen 15-jährigen Palästinenser wegen Anwerbung Jugendlicher für Selbstmordattentate an.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort