Gesetz zu Armenier-Völkermord verabschiedet Sarkozys Wahlgeschenke

Paris · Die Stimmung zwischen der Türkei und Frankreich ist gereizt. Der Grund: Ein Gesetzentwurf zum Völkermord an den Armeniern, der in Paris verabschiedet worden ist. Doch die französische Regierungspartei zeigt sich unbeirrt - auch weil Nicolas Sarkozy bald wiedergewählt werden will. Und der Präsident versucht eifrig, Eindruck beim Volk zu schinden.

 Dieses Foto, aufgenommen 1915 zeigt türkische Soldaten, die neben erhängten Armeniern stehen.

Dieses Foto, aufgenommen 1915 zeigt türkische Soldaten, die neben erhängten Armeniern stehen.

Foto: AFP

Konsequenzen hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan Frankreich angedroht, sollte der Gesetzentwurf heute verabschiedet werden. Zwar muss auch noch der Senat zustimmen.

Käme er dort aber durch, stünde die Leugnung des Völkermords an den Armeniern unter Strafe. Der Entwurf sieht eine Strafe von bis zu einem Jahr und eine Geldstrafe bis zu 45.000 Euro vor.

Es geht unter anderem um das Massaker an den Armeniern in den Jahren 1915 und 1917. Von Frankreich ist dieses als Völkermord anerkannt, von den Türken allerdings nicht. Und Ankara hatte etwa auch den USA mit Konsequenzen gedroht, als sie das Massaker ebenfalls zum Völkermord erklärten.

Doch die Franzosen zeigen sich unerbittlich, zumal der Entwurf, der von der Regierungspartei UMP eingebracht wurde, auch von Konservativen und Linken unterstützt wird. Gute Voraussetzungen für einen Präsidenten, der seine Wiederwahl anstrebt.

Sinkende Popularität

Denn Nicolas Sarkozy steht bei den Wählern derzeit nicht gerade hoch im Kurs. Ein Grund ist auch, dass er sich nach Ansicht vieler Franzosen in der Euro-Krise von der deutschen Kanzlerin für ihre Lösungsansätze vereinnahmen lässt.

Gegen diese sinkende Popularität muss Sarkozy etwas tun, will er im Frühjahr erneut inn den Élysée-Palast gewählt werden. Der Gesetzentwurf zum Völkermord bietet sich da geradezu an.

Denn in Frankreich gibt es einen großen Anteil armenisch-stämmiger Bürger. Und es ist nicht das erste Mal, dass Paris einen solchen Gesetzentwurf durchzusetzen versucht. Im Jahr 2006 war das, doch das Gesetz kam nicht. Der damalige Präsident Jacques Chirac hatte es als unnötig bezeichnet, die militärischen Beziehungen mit Ankara auf Eis gelegt.

Nun versuchten es also Sarkozy und die UMP-Abgeordnete Valérie Boyer, die den Entwurf ins Parlament einbrachte, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" schreibt. Denn, so heißt es dort weiter, viele der Armenisch-Stämmigen leben an der Mittelmeerküste und haben dort einen großen Einfluss. In dieser Region liegt auch der Wahlkreis von Boyer.

Die gemeinsame Euro-Lösung

Die Zeitung schreibt weiter, dass der bekannteste Vertreter der armenisch-stämmigen Wähler, ein Sänger, eng mit der Präsidentengattin befreundet sei und dieser Sarkozy bei einer Armenienreise das Versprechen einer entsprechenden Gesetzesinitiative abgenommen habe.

Sarkozy jedenfalls kann jede Wählerzustimmung im Moment nur zu gut gebrauchen. Nicht umsonst hat er in letzter Zeit auch Deutschland und sein Sozialsystem so verteidigt und in einer TV-Ansprache an sein Volk erklärt, Frankreich müsse mehr wie Deutschland werden.

Auch stellte er darin die Erfolge beim EU-Gipfel in Brüssel als gemeinsame Erfolge von Frankreich und Deutschland heraus. Ohne die beiden Länder, so der Präsident, wäre Europa untergegangen.

Abgenommen haben es ihm die Franzosen aber nicht. Ob die Völkermord-Initiative mehr Erfolg bringt, wird sich zeigen. Das armenische Patriarchat in der Türkei allerdings übte Kritik an der Gesetzesinitiative. Die lange gemeinsame Geschichte beider Völker dürfe nicht im Schatten der schmerzlichen Ereignisse von damals stehen, hieß es.

(das)
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