Wegen illegaler Parteienfinanzierung Sarkozy im Visier der Justiz

Paris · Erstmals seit seiner Abwahl muss Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy der Justiz wegen seiner Verwicklung in eine Reihe von Affären Rede und Antwort stehen. Wegen des Vorwurfs der illegalen Parteienfinanzierung wird ein Untersuchungsrichter den 57-Jährigen am Donnerstag in Bordeaux verhören. In Paris wurden zudem Vorermittlungen in einer weiteren Affäre aufgenommen.

Mai 2012: Sarkozy verabschiedet sich nach Niederlage
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Foto: afp, MARTIN BUREAU

In Bordeaux werde Sarkozy im Zuge der Ermittlungen zu den Finanzaffären um die L'Oréal-Milliardärin Liliane Bettencourt angehört, verlautete am Dienstagabend aus dem Umfeld der Ermittler. Untersuchungsrichter Jean-Michel Gentil ermittelt unter anderem zu dem Vorwurf, die Multi-Milliardärin habe Sarkozys Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2007 mit illegalen Spenden unterstützt. Es besteht aber auch der Verdacht, dass nach der Wahl weiteres Geld floss.

Insgesamt soll der einstige Vermögensverwalter der inzwischen 90-jährigen Bettencourt, die im Oktober vergangenen Jahres wegen fortschreitender Demenz entmündigt worden war, bei sieben Abhebungen insgesamt vier Millionen Euro in bar von Schweizer Konten der L'Oréal-Milliardärin nach Frankreich gebracht haben. Der Untersuchungsrichter prüft unter anderem auffällige zeitliche Übereinstimmungen zwischen den Bar-Abhebungen in der Schweiz und Treffen Sarkozys oder seiner Vertrauten mit den Bettencourts.

Sarkozy weist alle Vorwürfe zurück

Der Ex-Präsident wies bisher alle Vorwürfe zurück. Im Zuge der Bettencourt-Affäre waren im Juli bereits die Wohnung und Büros von Sarkozy durchsucht worden. Die Immunität des konservativen Ex-Präsidenten war Mitte Juni - rund vier Wochen nach seiner Abwahl im Mai - erloschen. Der einstige Schatzmeister seiner konservativen Partei UMP, Eric Woerth, gegen den ebenfalls ein Ermittlungsverfahren läuft, hatte im Zuge der Affären sein Amt als Arbeitsminister abgeben müssen.

In Paris leitete die Justiz unterdessen Vorermittlungen im Zusammenhang mit der Vergabe von Umfragen für den Elysée-Palast in den Jahren 2007 bis 2012 ein, wie die Nachrichtenagentur AFP aus Ermittlerkreisen erfuhr. Die Antikorruptionsgruppe Anticor hatte im Oktober eine Anzeige wegen Begünstigung und Veruntreuung öffentlicher Mittel erstattet, die sich gegen Sarkozy richtete. Bei der Vergabe der Umfragen geht es insbesondere um das Beratungsunternehmen Publifact des früheren Präsidentenberaters Patrick Buisson.

Der Elysée-Palast hatte im Jahr 2007 mit Publifact Verträge für Beratungsleistungen und Meinungsumfragen im Wert von geschätzten drei Millionen Euro abgeschlossen. Laut der AFP vorliegenden Anzeige dienten einige der Umfragen einem "privaten oder parteipolitischen Interesse" Sarkozys.

Buisson, der in den 1980er Jahren für eine rechtsextreme Wochenzeitung gearbeitet und den Aufstieg des rechtsextremen Parteigründers Jean-Marie Le Pen wohlwollend begleitet hatte, galt als enger Sarkozy-Vertrauter. Er bestimmte auch dessen Wahlkämpfe entscheidend mit.

In Paris wollte sich am Mittwochnachmittag auch der Kassationsgerichtshof mit der Umfrage-Affäre befassen. Dabei ging es um eine frühere Klage von Anticor wegen Begünstigung, die mit Verweis auf die Immunität des Staatschefs im November 2011 von einem Berufungsgericht abgewiesen worden war. Anticor sieht darin eine "extensive Auslegung" der Regelung, derzufolge der französische Präsident während seiner Amtszeit weitestgehend vor Strafverfolgung geschützt ist. Demnach könnten auch Berater des Präsidenten nicht belangt werden, kritisierte die Organisation.

(AFP)
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