Damaskus Einfache Syrer müssen für Assads Politik büßen

Damaskus · Die westlichen Sanktionen gegen Syrien zielen vor allem auf das Regime. Doch unter den Strafmaßnahmen leidet besonders die arme Bevölkerung.

 Eine Syrerin in einer Apotheke in Damaskus. Die Wirtschaftssanktionen wirken sich auch auf die Versorgung mit Medikamenten aus.

Eine Syrerin in einer Apotheke in Damaskus. Die Wirtschaftssanktionen wirken sich auch auf die Versorgung mit Medikamenten aus.

Foto: AP/Hassan Ammar

(ap) Mohammed Hadschi Abed steuert sein gelbes Taxi täglich zwölf Stunden lang durch die belebten Straßen von Damaskus. Er quält sich durch die glühende Sommerhitze und verdient doch kaum genug, um seine fünfköpfige Familie zu ernähren.

Auf dem Höhepunkt des syrischen Bürgerkriegs war es für den Familienvater noch einfacher, in der Hauptstadt über die Runden zu kommen. Doch im vergangenen Jahr haben sich die Lebensbedingungen hier stetig weiter verschlechtert. Grund sind die verschärften Sanktionen der US-Regierung gegen Syrien und die wieder in Kraft gesetzten Strafmaßnahmen gegen dessen engsten Verbündeten in der Region, den Iran.

„Die wirtschaftlichen Sanktionen treffen das ganze Land“, klagt Hadschi Abed, ein grauhaariger Mann Ende 50. „Die Menschen verkraften es nicht mehr.“

Die Strafmaßnahmen der USA, der EU und einiger arabischer Staaten waren seit 2011 in Kraft, nachdem der Sicherheitsapparat des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad die Proteste gegen die Regierung niedergeschlagen hatte. Die Sanktionen richteten sich gegen die Ölindustrie, Geldtransfers sowie Hunderte Institutionen und Regierungsvertreter, unter ihnen Assad. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump verschärfte die Strafen, vor allem durch Maßnahmen zum Stopp der iranischen Ölexporte – darunter der Lieferungen an den Verbündeten Syrien.

Das Ergebnis traf die vom achtjährigen Bürgerkrieg traumatisierte Bevölkerung schwer. Der Krieg kostete fast eine halbe Million Menschen das Leben, die Hälfte aller Einwohner wurden aus ihren Häusern vertrieben. Der ehemalige Ölexporteur Syrien ist jetzt auf Importe angewiesen. Die Währung verlor allein in diesem Jahr ein Drittel ihres Werts. Acht von zehn Syrern leben nach Angaben der Vereinten Nationen unterhalb der Armutsgrenze von 90 Euro im Monat.

Hadschi Abed verdient nach eigenen Angaben umgerechnet 19 Euro am Tag. Nach Abzug der Benzinkosten bleibt ihm davon aber nur ein Viertel. Seine Miete beträgt etwas mehr als 30 Euro. Der Rest reicht kaum für Essen und andere Ausgaben, wie der Taxifahrer sagt. Früher konnte er unbegrenzt subventioniertes Benzin kaufen. Doch seit Verhängung der neuen US-Sanktionen hat die Regierung eine monatliche Obergrenze eingeführt: Private Autobesitzer können nun noch 100 Liter im Monat kaufen und Taxifahrer 350 Liter. Wer mehr braucht, muss dafür den doppelt so hohen Marktpreis bezahlen.

Zu den von Sanktionen betroffenen Einzelpersonen gehört auch der Abgeordnete und Industrielle Fares Schehabi. Er bezeichnet die Strafmaßnahmen der EU als unfair und klagt, diese hätten ihn Millionen von Dollar gekostet. „Niemand kann behaupten, von den Sanktionen verschont geblieben zu sein“, sagt der Unternehmer aus dem einstigen Handelszentrum Aleppo.

Zum Kreis der Betroffenen zählt auch der Fabrikbesitzer Tajsir Darkalt aus Aleppo, der Maschinen zur Herstellung von Kartoffelchips produziert. Wegen der Sanktionen könne er keine Produkte oder Ersatzteile im- oder exportieren, sagt er. Da Geldtransfers verboten sind, reist Darkalt ins Ausland, um Zahlungen in bar einzutreiben. Doch so entstehen ihm Reise- und Hotelkosten, außerdem ist ihm nicht wohl dabei, viel Bargeld mit sich herumzutragen. „Die Sanktionen schaden normalen Bürgern“, sagt er. „Sie bestrafen nicht die Regierung. Sie bestrafen uns.“

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