Eskalierende Kämpfe im Jemen Saleh stellt Rücktritt in Aussicht

Sanaa (RPO). Jemens umstrittener Präsident Ali Abdullah Saleh hat in seiner ersten Ansprache an die Nation seit seiner Rückkehr in den Jemen einen Rückzug von der Staatsspitze in Aussicht gestellt. Er sei zu Verhandlungen über seinen Abgang bereit, um der seit Monaten anhaltenden Gewalt ein Ende zu bereiten. Gleichzeitig attackierte er scharf seine Gegner.

 Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh spricht im Fernsehen am Sonntag überraschend von Rücktritt.

Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh spricht im Fernsehen am Sonntag überraschend von Rücktritt.

Foto: Yemen TV, AFP

Einmal mehr sprach er sich dafür aus, in allgemeinen Wahlen "eine friedliche Machtübergabe" herbeizuführen und so den Jemen "aus der Sackgasse zu führen". Einen Rücktritt, wie ihn der Plan des Golfkooperationsrates fordert, erwähnte Saleh nicht. Der 69-Jährige sicherte am Sonntagabend zu, die Macht über Wahlen weitergeben zu wollen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass sich die Protestbewegung von der Ankündigung besänftigen lässt.

Saleh warf seinen Gegnern in der Fernsehansprache gleichzeitig eine Reihe von Verbrechen vor, darunter Unterstützung des Terrornetzwerks Al-Kaida, Morde und Plünderungen. Saleh kehrte erst am Freitag nach mehrmonatiger medizinischer Behandlung aus Saudi-Arabien zurück. Rund 150 Menschen kamen im Jemen allein in der vergangenen Woche bei Kämpfen ums Leben.

Nach seiner überraschenden Rückkehr am Freitag verschärfte sich am Wochenende die ohnehin instabile Situation im Land. In der Hauptstadt Sanaa lieferten sich Anhänger und Gegner des Staatschefs am Wochenende erbitterte Kämpfe, bei denen nach Angaben der Opposition mehr als 40 Menschen starben. Ein Protestzug zehntausender Demonstranten am Sonntag wurde gewaltsam aufgelöst.

Nach Angaben des Protestkomitees, einer Organisation von Präsidentengegnern, wurde am Samstag in mehreren Vierteln von Sanaa gekämpft. Dabei seien mehr als 40 Menschen gestorben, hunderte weitere seien verletzt worden. Unter anderem beschoss die Republikanische Garde, die von einem Sohn Salehs geführt wird, ein Lager von mit der Protestbewegung verbündeten Soldaten nahe des Platzes des Wandels. Dabei seien elf Kämpfer des Stammesführers Scheich Sadek el Ahmar getötet worden, der sich im März auf die Seite der Protestbewegung geschlagen hatte. Mehr als hundert weitere seien verletzt worden, sagte ein Ahmar-Sprecher.

Zum Zeitpunkt des Angriffs demonstrierten auf dem Platz des Wandels hunderttausende Menschen gegen Saleh. Sie ließen sich auch dadurch nicht einschüchtern, dass der Platz in der Nacht von regierungstreuen Truppen angegriffen worden war. Dabei wurden nach Angaben von Ärzten mindestens 17 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt.

Am Sonntag formierte sich auf dem Platz erneut ein Protestzug, dem sich zehntausende Demonstranten anschlossen. Er wurde von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst, wie ein AFP-Reporter berichtete. Einer der Anführer der Demonstranten, der auf einem Kleinlaster an der Spitze des Protestzugs fuhr, wurde durch einen Kopfschuss getötet. Mindestens 17 weitere Menschen wurden verletzt.

Auch in der 270 Kilometer südwestlich von Sanaa gelegenen Stadt Taes griffen Regierungstruppen Demonstranten an. Nach Angaben von Augenzeugen beschossen sie am Samstag den Platz der Freiheit, den Hauptversammlungsort der Regierungsgegner. Dabei sei aber niemand getötet worden. Am Sonntag wurden bei Zusammenstößen zwischen Stammeskämpfern und regierungstreuen Truppen in Taes mindestens drei Menschen getötet, wie Stammesvertreter und Ärzte sagten.

Saleh war am Freitag nach mehr als dreimonatiger Abwesenheit überraschend aus Saudi-Arabien nach Sanaa zurückgekehrt. Er war nach einem Angriff auf seinen Präsidentenpalast in dem Nachbarland behandelt worden. Nach seiner Rückkehr nach Sanaa rief der seit mehr als drei Jahrzehnten herrschende Präsident seine Anhänger und Gegner zu einem Waffenstillstand auf. Die Kämpfe werden seitdem aber mit noch größerer Härte fortgesetzt.

Die USA forderten erneut ein Ende der Gewalt und einen Machtwechsel im Jemen. Alle Seiten müssten "die Gewalt einstellen und größte Zurückhaltung üben", erklärte Außenamtssprecherin Victoria Nuland. Saleh sei aufgefordert, bis Ende des Jahres Präsidentschaftswahlen zu organisieren. Auch der UN-Sicherheitsrat zeigte sich besorgt über die eskalierende Gewalt und rief alle Beteiligten zu "maximaler Zurückhaltung" auf. Vor allem auf Gewalt gegen "friedliche und unbewaffnete Zivilisten" müsse verzichtet werden.

(AFP/AP/RTR)
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