Besuch in Serbien Großer Bahnhof für „Papst“ Putin
Belgrad · Russlands Präsident wird bei seinem Serbien-Besuch umjubelt.
Serbien bereitet dem russischen Präsidenten einen Empfang, als käme der Papst zu Besuch. Das staatliche Fernsehen rief dazu auf, Putin vor dem Dom des heiligen Sava in Belgrad, der größten orthodoxen Kirche des Landes, gebührend zu empfangen. 70.000 Menschen wurden erwartet. Das Dorf Banstol nordwestlich der Hauptstadt will das neue Gotteshaus dem Kremlchef weihen, der Volksmund spricht bereits von „Putins Kirche“. Damit wird der Ex-Gemeindienstler aus der Sowjetzeit endgültig zum Schutzheiligen der Serben. Längst sind auch Dörfer, Plätze und Straßen im ganzen Land nach Putin benannt, ebenso Cafés und eine Schnapsmarke.
Putin legt auf religiöse Symbolik großen Wert, den heiligen Sava nennt er ein „Symbol der brüderlichen Beziehungen“. Die Serben danken es ihm allein dafür, dass er die Kosovo-Politik der Belgrader Führung unterstützt. Die ehemalige, überwiegend albanisch besiedelte Südprovinz, die mit Nato-Hilfe ein eigener Staat geworden ist, gilt wegen ihrer jahrhundertealten Klöster und Kirchen als „Wiege Serbiens“.
Mit dem religiösen Brimborium versucht Putin lediglich, seine geostrategischen Interessen auf dem Balkan zu verdecken. Sein Ziel ist es, den Einfluss des Westens auf dem Balkan zurückzudrängen. In einem Interview mit der Belgrader Zeitung „Politika“ warf Putin den USA und der EU vor, die Balkanregion anhaltend zu destabilisieren. Dem Kosovo werde der Aufbau einer eigenen Armee unter Verletzung der Uno-Resolution 1244 – die Grundlage für den Frieden nach dem Krieg 1998/99 – gestattet; Montenegro sei 2017 in die Nato „hineingezerrt“ worden, jetzt drohe Mazedonien das gleiche Schicksal.
Putin weiß freilich, dass alle genannten Staaten freiwillig die westliche Perspektive dem „Schutz“ Russlands vorziehen. Serbien ist auf der geopolitischen Karte noch ein weißer Fleck inmitten von Nato- und EU-Nachbarn. Umso mehr wächst seine Bedeutung als wichtigster Balkanstützpunkt Moskaus. Die Frage ist, wie lange Präsident Aleksandar Vucic den Spagat zwischen West und Ost noch durchhält: Für einen Nato-Beitritt gibt es keinen Rückhalt in der Bevölkerung, die EU-Perspektive hält er sich offen, Serbien ist seit 2012 Beitrittskandidat. Die „Freundschaft“ mit Russland dient nicht zuletzt auch als Druckmittel gegen Brüssel, sich wieder stärker um den Balkan zu bemühen; 2025 als Beitrittsjahr empfindet man in Serbien eher als Hohn. Für Putin ist Hauptsache, dass Serbien nicht Nato-Land wird. Als EU-Mitglied ließe sich dereinst via Belgrad Einfluss auf die EU-Politik nehmen.
Serbien ist leicht erpressbar, namentlich wegen der Abhängigkeit von russischem Öl und Gas. Nicht zufällig steht beim Belgrad-Besuch die Unterzeichnung von 21 bilateralen Abkommen auf der Tagesordnung; die wichtigsten betreffen Serbiens Energiewirtschaft und Infrastruktur. Längst befindet sich Serbiens staatlicher Energiemulti NIS im Mehrheitsbesitz der russischen Konzerne Gazprom und Rosneft. Um Serbien noch enger an Russland zu binden, lockt Putin mit Investitionen für den Ausbau von Bahnstrecken, Autobahnen und Wasserkraftwerken.
Auch die Gaspipeline, die bis nach Mitteleuropa führen soll, wird nicht ohne strategische Absicht gebaut – sie macht alle beteiligten Länder, namentlich Serbien und Bulgarien, noch stärker von russischer Versorgung abhängig.