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Wenige Tage vor Präsidentschaftswahl Zweifel an Anschlagsplan gegen Putin

Moskau · Wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl hat das russische Fernsehen berichtet, tschetschenische Terroristen hätten ein Mordkomplott geschmiedet, dem Wladimir Putin zum Opfer fallen sollte. Kreml-Kritiker vermuten eine PR-Aktion hinter den Anschuldigungen.

Die acht Jahre von Putins Präsidentschaft in Bildern
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Der Kutusowski Prospekt ist eine achtspurige Straße in Moskau. Mehrfach am Tag wird sie gesperrt. Nach Minuten der Stille rasen zwei silberne Polizeiwagen über die beiden Außenspuren. Ihnen folgt unter Sirenengeheul und rot-blauem Blinklicht eine Armada schwarzer Jeeps, in der Mitte eine gepanzerte Limousine. Mit Tempo 200 saust die Kolonne vorbei. Wladimir Putin fährt zur Arbeit.

Auf dieser Straße sollte es geschehen: Eine Bombe mit der Kraft einer Panzermine sollte detonieren und Putin in die Luft sprengen, gleich nach der Präsidentenwahl am Sonntag. Doch die Anschlagspläne wurden vereitelt, die Terroristen wurden gefasst. So berichtet es zumindest das staatliche russische Fernsehen unter Berufung auf Geheimdienstkreise. Putins Sprecher Dmitri Peskow bestätigte den Bericht. Nicht nur das utopisch erscheinende Szenario des Attentats wirft Fragen auf. Auch der Zeitpunkt für diese Nachricht kommt wie bestellt: wenige Tage vor der Wahl.

Ein fast zu perfekterFahndungserfolg

Was das Fernsehen berichtete, klang nach einem sensationellen Fahndungserfolg ukrainischer und russischer Geheimdienste. In der ukrainischen Hafenstadt Odessa seien zwei Terroristen gefasst worden.

Der aus Tschetschenien stammende Adam Osmajew und der Kasache Ilja Pjansin hätten zugegeben, dass sie gemeinsam mit ihrem inzwischen tödlich verunglückten Komplizen Ruslan Madajew ein Attentat auf den russischen Regierungschef und Präsidentschaftskandidaten Wladimir Putin verüben wollten. Ihr Auftraggeber: der tschetschenische Bandenchef Doku Umarow. Aufgeflogen waren die drei Terroristen allerdings durch Stümperei. Am 4. Januar detonierte in ihrem Versteck, einem Wohnhaus in Odessa, eine selbstgebaute Bombe. Ruslan Madajew kam dabei ums Leben, Ilja Pjansin erlitt schwere Verbrennungen. Der Verletzte wurde verhört — und plauderte bald alles aus.

Das russische Fernsehen zeigt Pjansin, wie er mit dem Ermittler redet. Später erzählt sein Komplize Osmajew fast wortgenau die gleiche Version in einem Interview. Demnach sind Pjansin und Madajew aus den Vereinigten Arabischen Emiraten über die Türkei in die Ukraine gereist, mit genauen Anweisungen der Beauftragten von Umarow. "Sie sagten uns, fahrt nach Odessa, lernt eine Bombe zu bauen. Dann macht ihr in Moskau ein paar Ablenkungsanschläge auf wirtschaftliche Objekte, dann das Attentat auf Putin," so Pjansin. In Odessa sei Adam Osmajew wie geplant zu den beiden gestoßen.

Der Tschetschene wird wegen Terrorplänen seit 2007 per internationalem Haftbefehl gesucht. Zunächst gelang es ihm unterzutauchen, am 4. Februar wurde er gefasst. Bereitwillig verriet er den ukrainischen Ermittlern, wie man Putin zur Strecke bringen wollte. "Es gibt solche Minen beim Militär, Antifahrzeugminen. Dafür braucht man nicht mal einen Selbstmordattentäter." Ein Beamter des Geheimdienstes FSB berichtet dem russischen Fernsehen, man habe auf Osmajews Computer Aufnahmen mit der Fahrt von Putins Wagenkolonne gefunden.

Der tschetschenische Guerillakämpfer Umarow hat sich zu vielen Terroranschlägen in Russland bekannt. Vor kurzem hat der selbst ernannte Emir des Kaukasus jedoch geäußert, wegen der Massenproteste gegen die Wahlfälschungen und das Putin-Regime wolle er vorerst auf Anschläge gegen die russische Zivilbevölkerung verzichten. Nach den Duma- Wahlen am 4. Dezember waren in Moskau bis zu 100 000 Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Manipulationen zu protestieren. Seitdem kommt es regelmäßig zu regierungskritischen Demonstrationen.

Nicht der erste vermeintlich vereitelte Anschlag

Angesichts dieser Stimmung halten Beobachter in Moskau den Bericht über den vereitelten Anschlag auf Putin für einen PR-Trick des Kremls. Putins Gefolgsleute aus dem Geheimdienst FSB versuchten nach altem Muster, die öffentliche Meinung zu mobilisieren, sagt der Politologe Dmitri Oreschkin: "Eine rechtzeitig aufgeklärte Verschwörung gegen den Anführer bringt einen ernstzunehmenden Zuwachs an Wählerzustimmung."

Auch Sicherheitsexperten zweifeln an der Authentizität der Information. Sergej Gontscharow, ehemals beim Sondereinsatzkommando "Alpha", sagte: "Ein Dilettant ist nicht in der Lage, einen Anschlag auf jemanden von Putins Rang zu verüben." Der Kreml-Sicherheitsdienst FSO sei einer der besten der Welt, es habe noch nie ernsthafte Vorfälle gegeben: "Schon etwa zwölfmal gab es Gerüchte über angeblich vereitelte Anschläge, jedes Mal war es eine PR-Kampagne."

Bei der Kremlpartei Geeintes Russland gibt es jedenfalls schon Versuche, die Anschlagspläne in einen Zusammenhang mit den Demonstrationen zu stellen. Das vereitelte Attentat sei ein Versuch, das Land zu destabilisieren, warnte der Duma-Abgeordnete Nikolaj Kowaljow. Kremlgegner fürchten nun, das Regime könnte die Anschlagsgerüchte zum Vorwand für ein hartes Durchgreifen vor der Wahl nutzen.

(RP/sap/rm)
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