Diplomatische Fronten bleiben verhärtet Russland verweigert Druck auf Syrien

Damaskus · Bei den Verhandlungen über eine Resolution des UN-Sicherheitsrats lehnt Russland weiter jeden Druck auf Syrien ab. Syrien-Vermittler Kofi Annan konnte Kremlchef Wladimir Putin nicht zu gemeinsamen Sanktionen im Weltsicherheitsrat bewegen. Die syrische Hauptstadt Damaskus wird unterdessen immer mehr zum Kriegsschauplatz.

Die wichtigsten Gruppierungen der syrischen Opposition
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Foto: dapd, Mohammad Hannon

Bei den Verhandlungen über eine Resolution des UN-Sicherheitsrats lehnt Russland weiter jeden Druck auf Syrien ab. Syrien-Vermittler Kofi Annan konnte Kremlchef Wladimir Putin nicht zu gemeinsamen Sanktionen im Weltsicherheitsrat bewegen.
Die syrische Hauptstadt Damaskus wird unterdessen immer mehr zum Kriegsschauplatz.

Westlichen UN-Diplomaten zufolge hätten sich ihre russischen Kollegen bei den Gesprächen am Dienstag in New York zu Verhandlungen bereiterklärt - zugleich aber jede Sanktionsdrohung gegen das Regime in Damaskus ausgeschlossen.

Der westliche Entwurf, der die Möglichkeit von Wirtschaftssanktionen enthält, sollte am Mittwoch zur Abstimmung kommen. Trotz einer mutmaßlichen Mehrheit im Rat wäre er aber zum Scheitern verurteilt, weil Russland als eines der fünf ständigen Mitglieder ein Veto einlegen und damit jede noch so starke Mehrheit überstimmen kann. Russen und Chinesen hatten das in der Syrienkrise bereits im Oktober und im Februar gemacht.

Russische "Totalverweigerung"

Möglicherweise steigen die Diplomaten aber auch in weitere Verhandlungen ein. Westliche Diplomaten kritisieren jedoch eine russische "Totalverweigerung". Der russische Resolutionsentwurf, der die UN-Beobachtermission unverändert verlängern will, gehe an der Realität in Syrien vorbei. Zudem habe Annan den Sicherheitsrat aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Verstöße gegen den ausgehandelten Friedensplan "Konsequenzen" haben müssten. Der russische Entwurf enthalte aber keinerlei Verbindlichkeiten.

Annan selbst biss in Moskau auf Granit. "Wir stehen jetzt an einer Kreuzung, einem Scheideweg", sagte Annan nach den Gesprächen. Die Lage in Syrien nannte er inakzeptabel.

Krieg in Damaskus

Bewaffnete Regimegegner schossen am Dienstag nach Augenzeugenberichten einen Militärhubschrauber ab. Die Opposition blies zum Sturm auf die Machtzentrale von Präsident Baschar al-Assad.

In Damaskus fielen in mehreren Vierteln Schüsse. Regimegegner errichteten Barrikaden. Besonders kritisch war die Lage nach Angaben von Aktivisten im Al-Midan-Viertel, einer Protesthochburg. Dort hätten Panzer die Zufahrtsstraßen blockiert. Eine Polizeistation sei von Kämpfern besetzt worden, hieß es.

Um den Eindruck zu erwecken, die Lage in der Hauptstadt sei unter Kontrolle, strahlte das staatliche Fernsehen mit Musik unterlegte Aufnahmen aus, die Frauen beim Einkaufen zeigen. Am Montag liefen bereits Interviews mit Bürgern auf der Straße. Doch während der Live-Reportage knallten im Hintergrund ständig Schüsse.

Tatsächlich treiben die blutigen Kämpfe immer mehr Syrer in die Flucht. Aktivisten meldeten, zahlreiche Familien seien nach Angriffen der Armee aus dem Al-Asali-Viertel in Damaskus geflohen. Nach Angaben der UN hat sich die Zahl der im Ausland offiziell registrierten syrischen Flüchtlinge allein seit April nahezu verdreifacht, auf inzwischen 112.000 Menschen. Drei Viertel der Flüchtlinge seien Frauen und Kinder. Sie retten sich über die offenen Grenzen in die Türkei, nach Jordanien, in den Libanon und den Irak.

Es werde allerdings immer schwieriger, noch mehr Flüchtlinge zu versorgen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) beklagte, dass zwei Wochen nach der Verabschiedung eines internationalen Hilfsprogramms für syrische Flüchtlinge im Umfang von 193 Millionen Dollar (158 Millionen Euro) erst 26 Prozent der benötigten Mittel tatsächlich zugesagt worden seien.

Die sunnitische Muslimbruderschaft forderte nach einem Treffen in Istanbul in einer Erklärung ausdrücklich auch die Christen, Alawiten und Angehörige anderer Minderheiten auf, sich der Protestbewegung gegen Assad anzuschließen. "Die Schlacht unseres Volkes, die im Moment im Herzen der syrischen Hauptstadt tobt, wird bald die Festung des Tyrannen erreichen", hieß es darin.

(dpa)
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