Kiew schlägt Alarm Russland verstärkt angeblich Truppen an Grenze zur Ukraine

Kiew/Moskau · Die Ukraine schlägt Alarm: Ungeachtet scharfer Kritik aus dem Westen treibt Russland nach Angaben der Regierung in Kiew die Verlegung von Soldaten entlang der Grenze zur Ukraine voran. Derweil hält Moskau weitere Manöver ab.

 Ukrainische Soldaten in Marinka nahe Donetsk.

Ukrainische Soldaten in Marinka nahe Donetsk.

Foto: AFP/ALEKSEY FILIPPOV

"Es kommen immer mehr russische Truppen in der Nähe unserer Grenzen im Nordosten, im Osten und im Süden an. In etwa einer Woche dürften sie zusammen eine Stärke von 120.000 Soldaten erreichen", sagte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz. "Das bedeutet nicht, dass sie bei dieser Zahl mit dem Truppenaufbau aufhören werden." Russland sei unberechenbar. Die Lage an der Grenze sei angespannt. Russische Scharfschützen würden ukrainische Soldaten töten mit dem Ziel, die Ukraine zu provozieren. Aber die ukrainischen Soldaten seien angewiesen worden, darauf nicht zu reagieren. Kiew wolle eine diplomatische Lösung.

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu warf den USA und der Nato derweil "provozierendes Verhalten" in den Gewässern und im Luftraum des Schwarzen Meers vor, wie die Nachrichtenagentur Interfax meldete. Sie berichtete zudem, mehr als 20 russische Kriegsschiffe hätten an Militärübungen im Schwarzen Meer teilgenommen, an dem auch die Ukraine liegt. Die russische Schwarzmeerflotte hat ihren Hauptstützpunkt auf der 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel Krim.

Die russischen Truppenbewegungen sorgen seit Wochen für Besorgnis unter der Regierung in Kiew und ihren westlichen Unterstützern. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hatte am Montag gesagt, Russland habe an der Grenze zur Ukraine und auf der Krim mittlerweile mehr als 150.000 Soldaten konzentriert. Kuleba rief den Westen dazu auf, weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland in Erwägung zu ziehen. Während einer Videokonferenz mit den Außenministern der Europäischen Union habe er dies angesprochen. Er habe aber nicht den Eindruck gehabt, dass diese zu einem solchen Schritt bereit seien, obwohl er betont habe, dass Sanktionen gegen einzelne russische Regierungsvertreter seiner Meinung nach nicht ausreichten.

Kuleba forderte wiederum Russland dazu auf, sich erneut zu einer Waffenruhe im Osten der Ukraine zu bekennen. Dort tobt seit 2014 ein Konflikt mit prorussischen Separatisten, die von Moskau Unterstützung erhalten haben. Der russische Verteidigungsminister Schoigu sagte dagegen laut Interfax, Kiew versuche, die Lage im Osten der Ukraine zu destabilisieren. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow forderte das Ausland auf, die "massenhaft anti-russische Psychose" zu stoppen. Moskau trage keine Schuld an der Zunahme internationaler Spannungen.

Die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen sind auf einem Tiefpunkt angelangt. Neben dem Ukraine-Konflikt tragen dazu eine ganze Reihe weiterer Vorfälle bei, etwa der Umgang mit dem inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und Vorwürfe der tschechischen Regierung über eine angebliche russische Verwicklung in die Explosion eines Waffendepots im Jahr 2014. Peskow bezeichnete letztere als unbegründet. Sie seien Teil einer größere Serie von Versuchen, Russland in Schach zu halten.

(felt/Reuters)
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