Nach Skandal um "Pussy Riot" Russland stellt Beleidigung von Gläubigen unter Strafe

Moskau · Wer wie die Punkband Pussy Riot Gläubige in Russland beleidigt, soll künftig leichter mit Gefängnis bestraft werden können. Kommentatoren beklagen eine Rückkehr in einen mittelalterlichen Kirchenstaat.

Das russische Führungstandem Putin - Medwedew
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Foto: dapd, Alexander Zemlianichenko

Nach dem umstrittenen Protest der Punkband Pussy Riot gegen Kremlchef Wladimir Putin in einer Kirche will Russland die Verletzung religiöser Gefühle künftig als Verbrechen bestrafen. Das im Parlament eingebrachte Gesetz sehe Haftstrafen bis zu drei Jahre für Gotteslästerer und bis zu fünf Jahre für die Beschädigung von Heiligtümern vor. Das sagte der Abgeordnete Jaroslaw Nilow der Agentur Interfax am Mittwoch.

Der Kreml begrüßte die Initiative als Folge des Pussy-Riot-Auftritts vom Februar. Drei Frauen der Skandalgruppe waren wegen "Rowdytums aus religiösem Hass" am 17. August zu je zwei Jahren Straflager verurteilt worden.

Pussy Riot wegen "Rowdytums" angeklagt

In dem international kritisierten Fall hatten Juristen unter anderem auch bemängelt, dass die Anklage wegen Rowdytums eine "Notkonstruktion" gewesen sei, weil die Musikerinnen in der Erlöserkathedrale nichts zerstört hatten. Das Berufungsverfahren gegen das Urteil ist für kommenden Montag angesetzt.

Kirchenkreise und kremltreue Politiker hatten kritisiert, dass für Taten wie die von Pussy Riot ein neues Gesetz geschaffen werden müsse. Bisher kann die Beleidigung religiöser Gefühle Medien zufolge nur als Ordnungswidrigkeit mit Bußgeldern bis zu 1000 Rubel (25 Euro) geahndet werden.

Wer künftig zum Beispiel einen Koran verbrennt oder eine Ikone schändet, wird nach dem neuen Gesetz als Verbrecher verurteilt. Neben Haft sieht das Gesetz auch Geldstrafen bis zu 500.000 Rubel oder bis zu 400 Stunden gemeinnützige Arbeit vor. Die Moskauer Tageszeitung "Wedomosti" bezeichnete die neue Initiative als weiteren Schritt, um Druck auf die Zivilgesellschaft auszuüben. Die Zeitung "Nesawissimaja Gaseta" warnte auf ihrer Titelseite vor einer Rückkehr in einen mittelalterlichen Kirchenstaat. Die Opposition bezeichnete die Gesetzesinitiativen der vergangenen Monate als unrechtmäßig.

Das Parlament hatte zuletzt bereits das Versammlungsrecht verschärft und die Befugnisse des Geheimdienstes erweitert. Menschenrechtler beklagen zudem die Einführung einer Zensur im Internet unter dem Vorwand des Kinderschutzes. Nichtregierungsorganisationen müssen laut einem neuen Gesetz, das am 20. November in Kraft tritt, den Titel "ausländischer Agent" tragen, wenn sie Geld aus anderen Ländern erhalten.

(dpa)
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