Bereits ab Mittwoch Gazprom stellt alle Erdgaslieferungen an Polen und Bulgarien ein

Warschau · Polen wird über die Jamal-Pipeline vorerst kein Erdgas mehr aus Russland erhalten. Denn der Gaskonzern PGNiG will nicht wie von Moskau gefordert in Rubel bezahlen. Auch nach Bulgarien stoppt der russische Staatskonzern Gazprom ab Mittwoch alle Gaslieferungen.

 Das Logo des Energiekonzerns Gazprom ist auf einer Anlage des russischen Staatskonzerns in St. Petersburg zu sehen.

Das Logo des Energiekonzerns Gazprom ist auf einer Anlage des russischen Staatskonzerns in St. Petersburg zu sehen.

Foto: dpa/Stringer

Russland wird seine Erdgaslieferungen über die Jamal-Pipeline an Polen einstellen. Ab Mittwoch sollen keine Lieferungen an Polen mehr erfolgen, wie der polnische Erdgaskonzern PGNiG am Dienstag in Warschau mitteilte. Man sei durch den russischen Erdgaskonzern Gazprom informiert worden, dass die Gaslieferungen abgestellt würden. Auch Bulgarien meldete einen russischen Lieferstopp. Die betroffene Pipeline spielt bei Gaslieferungen nach Deutschland so gut wie keine Rolle.

Russland hatte gedroht, europäischen Ländern den Gashahn zuzudrehen, wenn sie ihre Einfuhren nicht wie seit März gefordert direkt in Rubel bezahlen beziehungsweise Euro oder Dollar auf ein eigens dafür einzurichtendes Konto bei der Gazprombank zur Umrechnung einzahlen. Polen erklärte daraufhin mehrfach, der Forderung nicht nachkommen zu wollen. Gazprom steht zudem auf einer am Dienstag veröffentlichten Liste russischer Unternehmen und Oligarchen, deren Vermögenswerte nach einem neuen Sanktionsgesetz eingefroren werden können. Polen hat diese Strafmaßnahmen unabhängig von Sanktionen eingeleitet, die die EU-Länder gemeinsam gegen Russland verhängt haben.

Ab Mittwochmorgen, 8.00 Uhr, werde das Gas nicht mehr durch die Jamal-Pipeline nach Polen fließen, sagte die polnische Klimaministerin Anna Moskwa. „Wir sind auf eine vollständige Einstellung der russischen Rohstofflieferungen vorbereitet“. Seit den ersten Tagen des Ukraine-Krieges habe ihr Land erklärt, dass es bereit sei für eine vollständige Unabhängigkeit von russischen Rohstoffen.

Auch nach Bulgarien stoppt der russische Staatskonzern Gazprom ab Mittwoch alle Gaslieferungen. Das bulgarische Gasunternehmen Bulgargas sei am Dienstag darüber informiert worden, dass Gazprom die Erdgaslieferungen ab dem 27. April aussetzen werde, teilte das Wirtschaftsministerium in Sofia mit.

„Die bulgarische Seite hat seine Verpflichtungen vollständig eingehalten und alle Zahlungen gemäß seines aktuellen Vertrags fristgerecht vorgenommen“, betonte das Ministerium. Bulgarien ist stark von russischem Gas abhängig.

Die Versorgungssicherheit in Deutschland sei derzeit weiter gewährleistet, sagte eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstagabend. „Wir beobachten die Lage genau.“

Der für die deutschen Gasimporte aus Russland zentrale Konzern Uniper hatte am Montag erklärt, er halte im Streit um die Abrechnungen in Rubel nach vorläufiger Einschätzung eine Lösung auch im Rahmen der vom Westen verhängten Sanktionen für möglich. Die EU-Kommission hatte am Freitag erklärt, dass es womöglich Wege gebe, die Gaslieferungen weiter in Euro oder Dollar zu bezahlen, die dann in Rubel umgetauscht würden.

Der Bevollmächtigte der polnischen Regierung für strategische Energieinfrastruktur, Piotr Naimski, versicherte, dass nach Deutschland weiter Gas über Nord Stream 1 fließe. Und alle Gaskunden in Polen würden den Rohstoff weiter auf dem bisherigen Niveau erhalten.

Die Gasspeicher seien zu 76 Prozent gefüllt, betonte Moskwa. Dies sei ein Ergebnis der Vorbereitungen: „Im vergangenen Jahr um diese Zeit waren die Speicher im 39 Prozent gefüllt.“ Es gebe aber zum jetzigen Zeitpunkt keinen Grund, die Speicher zu öffnen. Vielmehr bemühe man sich, die Vorräte mit Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) auf 99 Prozent aufzustocken. „Die Heizperiode liegt schon hinter uns. Deshalb müssen wir auch nicht darüber reden, wie lange der Vorrat in den Speichern hält.“ Der laufende Bedarf werde derzeit mit LNG-Lieferungen gedeckt.

Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki sagte am Dienstag in Berlin nach einen Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz, dass Russland vielleicht versuche, Polen auf diese Weise zu erpressen. Polen habe sich aber sich im Vorfeld auf die Diversifizierung der Gasversorgung vorbereitet. Die Wirtschaft sei nicht gefährdet.

(peng/mcv/dpa/AFP/Reuters)
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