Nato bestätigt Übertritt Kiew: Russisches Militär hat unsere Grenze überschritten

Kiew · Trotz massiver Warnungen des Westens an Moskau soll ein russischer Militärkonvoi die Grenze zur Ukraine passiert haben. Der für den Grenzschutz zuständige russische Inlandsgeheimdienst FSB wies die Medienberichte am Freitag zurück. Das ukrainische Militär bestätigt die Grenzverletzung. Auch die Nato spricht von einer Grenzverletzung.

August 2014: Russischer Hilfskonvoi auf dem Weg in die Ukraine
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Trotz aller Warnungen aus Kiew und dem Westen ist eine russische Militärkolonne offenbar über die Grenze in den umkämpften Osten der Ukraine eingedrungen. Die Fahrzeuge hätten die Grenze am Posten Iswarine überquert, bestätigte ein ukrainischer Militärsprecher am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Die britischen Zeitungen "The Guardian" und "The Daily Telegraph" hatten in der Nacht berichtet, am Donnerstagabend seien 23 Fahrzeuge mit russischen Armeekennzeichen, darunter gepanzerte Truppentransporter und Tanklastwagen, nahe dem russischen Grenzort Donezk auf ukrainisches Territorium vorgedrungen. Dort liegt der Übergang Iswarine. AFP-Journalisten sahen dutzende Truppentransporter auf russischer Seite, die sich am Freitag in Richtung der Grenze bewegten.

Der ukrainische Militärsprecher sagte AFP, es gebe noch keine bestätigten Informationen über die Zahl der Fahrzeuge, die tatsächlich in die von Separatisten kontrollierte ostukrainische Region eingedrungen seien. Auf einem Sondertreffen der EU-Außenminister in Brüssel warnte Schwedens Chefdiplomat Carl Bildt am Freitag, es handele sich um einen "klaren Bruch des Völkerrechts". Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, Russland müsse jeglichen Nachschub für die Separatisten unterbinden.

Nato spricht von Grenzverletzung

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Medienberichte über eine Verletzung der ukrainischen Grenze durch Russland bestätigt. "In der vergangenen Nacht haben wir einen russischen Einfall erlebt, eine Überschreitung der ukrainischen Grenze", sagte Rasmussen nach Nato-Angaben in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen vor Journalisten.

"Dies bestätigt nur die Tatsache, dass wir einen dauernden Fluss von Waffen und Kämpfern aus Russland in die Ostukraine sehen", erklärte Rasmussen. "Und es ist eine deutliche Demonstration der anhaltenden russischen Beteiligung an der Destabilisierung der Ostukraine." Er rief Moskau auf, die Separatisten im Nachbarland nicht weiter zu unterstützen und in den Dialog mit der Regierung in Kiew zu treten.

Hilfskonvoi wird kontrolliert

Rund 60 ukrainische Zollbeamte kontrollierten derweil die umstrittenen russischen Hilfsgüter für das Krisengebiet an einem Grenzort. Anschließend sollten die Waren unter Leitung des Roten Kreuzes in die umkämpfte Großstadt Lugansk gebracht werden, wo prorussische Separatisten von schweren Gefechten sprachen.

Im russischen Donezk sammelten sich die Lastwagen mit den Hilfsgütern aus Moskau. Auf welcher Route diese ins Krisengebiet gebracht werden sollen, war zunächst unklar. Die Absicherung der Kolonne im Konfliktgebiet war ebenfalls offen. Russland hat rund 2000 Tonnen Hilfe für die notleidenden Menschen bereitgestellt. Wegen eines Streits zwischen Kiew und Moskau über die Verteilung saß die Lastwagenkolonne zuletzt nahe der Grenze fest.

Russland warf der Ukraine erneut die Verwendung verbotener Waffen bei ihrer "Anti-Terror-Operation" vor. Es gebe Hinweise, dass die Armee Phosphorbomben gegen Zivilisten eingesetzt habe, sagte ein Moskauer Militärsprecher. Die Führung in Kiew weist dies zurück.

Kämpfe in Donezk fortgesetzt

Regierungstruppen und prorussische Separatisten setzten ihre Kämpfe in der ukrainischen Stadt Donezk mit unverminderter Härte fort. Bei Beschuss seien mindestens elf Zivilisten getötet worden, teilte der Stadtrat mit. Die Armee berichtete, fünf Soldaten seien getötet worden. Auch Lugansk stehe weiter unter Beschuss, teilte die örtliche Stadtverwaltung mit. Die Menschen dort sind fast zwei Wochen ohne Strom und Wasser.

Die Hilfe des Roten Kreuzes soll vor allem die Menschen in Lugansk erreichen. Neben dem russischen Konvoi schickte die ukrainische Regierung eine eigene Lieferung mit rund 800 Tonnen Hilfsgütern auf den Weg.

Rund 300 Tonnen seien bereits am Sammelpunkt Starobelsk nördlich des umkämpften Gebiets angekommen, teilte der Zivilschutz mit. Sie wurden unter Aufsicht des Roten Kreuzes abgeladen. "Die Lagerhäuser in Starobelsk sind fast voll, wir weichen wohl in Speicher in Lissitschansk und Sewerodonezk aus", sagte Irina Geraschtschenko von der Präsidialverwaltung.

In der von Regierungseinheiten zurückeroberten Stadt Mariupol stürzten Unbekannte in der Nacht eine Statue des Revolutionsführers Lenin. Die Täter hätten die acht Meter hohe Figur mit einem Seil zu Fall gebracht, teilte die örtliche Polizei mit. Die Stadtverwaltung kritisierte "Vandalismus" an der 27 Jahre alten Statue. Viele Ukrainer sehen Denkmäler von Lenin (1870-1924) als unerwünschtes Relikt der sowjetischen Vergangenheit ihres Landes.

(dpa)
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