Russische Staatsführung demonstriert Stärke Rund 250 Kreml-Gegner festgenommen

Moskau · Bei erneuten Protesten gegen den Wahlsieg der Kreml-Partei Einiges Russland sind am Dienstag insgesamt rund 250 Oppositionelle von der Polizei festgenommen worden. Die Demonstranten würden zu Verhören in Kommissariate gebracht, sagte ein Polizeisprecher. Demnach waren die Proteste im Zentrum der Hauptstadt Moskau nicht genehmigt.

Hunderte bei Demonstrationen in Russland festgenommen
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Unter den Festgenommenen waren auch mehrere prominente Oppositionsführer. Boris Nemzow, einer der Anführer der liberalen Oppositionsbewegung Solidarnost, wurde später aber wieder freigelassen.

Die Sicherheitskräfte hatten angekündigt, gegen jede nicht genehmigte Demonstration vorzugehen, nachdem Oppositionelle im Internet zu Versammlungen aufgerufen hatten. Nach Angaben der Moskauer Polizei waren bis zu 4000 Polizisten und Spezialkräfte des Innenministeriums in der Hauptstadt im Einsatz.

Behörden gegen den Kreml-Gegner vor

Angesichts der Proteste gegen die umstrittene Parlamentswahl in Russland gehen die Behörden verstärkt gegen Kreml-Gegner vor. Im Zentrum Moskaus fuhr am Dienstag ein Großaufgebot von Sondereinheiten des Innenministeriums auf, um für Ruhe zu sorgen.

Die Moskauer Polizeidirektion rief die Bürger auf, "sich auf keine Provokation einzulassen und nicht an ungenehmigten Massenaktionen teilzunehmen", weil sie sonst festgenommen würden. Zugleich erhöhte das Innenministerium die Alarmstufe für die Sicherheitskräfte, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Die Sicherheitskräfte hätten nur "ein Ziel: die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten", sagte ein Ministeriumssprecher.

Unterdessen stellten russische Blogger Videos ins Internet, auf denen zu sehen war, wie gepanzerte Mannschaftswagen der Sicherheitskräfte in langen Kolonnen in die Innenstadt fuhren. Wie viele Sicherheitskräfte in Moskau stationiert wurden, war zunächst nicht klar.

Die Nachrichtenagentur Interfax meldete, Ilja Jaschin von der liberalen Oppositionsbewegung Solidarnost sei wegen "Nichtbefolgung einer Anordnung der Vertreter der Staatsmacht" zu 15 Tagen Haft verurteilt worden. Jaschin war am Montag mit rund 300 anderen Demonstranten festgenommen worden. Nach Angaben einer Sprecherin von Solidarnost waren am Dienstagnachmittag noch immer rund 250 der Festgenommenen in Polizeigewahrsam. Vielen von ihnen drohte nach ihren Worten eine Verurteilung zu 15 Tagen Gefängnis.

Putin: Verluste unvermeidlich

Nach Polizeiangaben waren in Moskau und St. Petersburg am Montagabend 2000 Menschen auf die Straße gegangen, die Veranstalter sprachen von 10.000 Teilnehmern. Als hunderte Demonstranten vom genehmigten abgelegenen Kundgebungsort zum Sitz der Zentralen Wahlkommission in Moskau marschieren wollten, versperrten ihnen Polizisten den Weg und nahmen zahlreiche Demonstranten fest.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte Russland beim Ministerrat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Litauen auf, den Hinweisen der OSZE-Wahlbeobachter auf Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl "transparent und mit Entschiedenheit" nachzugehen. US-Außenministerin Hillary Clinton sagte während des Treffens in Vilnius, Wahlen, die "weder frei noch fair" seien wie in Russland, untergrüben das Vertrauen des Volkes in die Regierung.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew erklärte unterdessen, die OSZE-Vertreter könnten die Wahlen beobachten und Wahlverstöße feststellen, aber Russland politisches System sei "nicht die Angelegenheit" des Westens. Putin spielte die deutlichen Verluste seiner Partei herunter. "Verluste seien unvermeidlich", sagte er.

(AFP)
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