Irans Präsident meidet Obama Ruhani scheut den Händedruck

Irans Präsident Hassan Ruhani reicht im Atomstreit mit dem Westen die Hand. Aber bisher nur rhetorisch. Dass er bei der UN-Vollversammlung in New York einem Treffen mit US-Präsident Barack Obama ausweicht, nährt Zweifel an seiner Person. Israel zeigt sich sicher: Diesem Ruhani ist nicht zu trauen.

Mit seiner ersten Rede vor der UN-Vollversammlung hat der neue iranische Präsident Hassan Ruhani weltweit für Aufsehen gesorgt. So kannte man den Iran nicht. Anstatt zu hetzen und zu drohen so wie es sein Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad immer tat, wirbt Ruhani mit freundlich-friedvollen Worten für einer Lösung im Atomkonflikts.

Die Islamische Republik sei keine Bedrohung für die Welt, sagte Ruhani in New York. Atom- und andere Massenvernichtungswaffen hätten keinen Platz in der Sicherheitsdoktrin seines Landes. Demonstrativ wandte er sich auf Englisch an die Zuschauer: "Ich möchte dem amerikanischen Volk sagen, ich bringe Frieden und Freundschaft von den Iranern zu den Amerikanern." Alles in allem deutlich versöhnlichere Töne an als die seines Vorgängers Mahmud Ahmadinedschad.

Mit der verbalen Annäherung ist der Iran bereits weit gekommen. Doch westliche Diplomaten fordern Taten. Sie haben Zweifel an der Aufrichtigkeit dieser Worte. Am tiefsten sitzt die Skepsis in Israel. Regierungschef Benjamin Netanjahu bezeichnete die Rede als zynisch. Er wirft dem Iran ein doppeltes Spiel vor. Eigentlich gehe es ihm nur darum, Zeit zu gewinnen. Das Szenario: Während die Diplomatie verhandelt, kann der Iran heimlich und ungestört seine Atomwaffen bis zur Einsatzreife weiterentwickeln.

Auch in anderen westlichen Hauptstädten ist diese Warnung angekommen. Ruhani muss massive Zweifel ausräumen, will er mit seinen Friedensbekundungen tatsächlich etwas erreichen.

Angesichts des Tauwetters aus dem Nahen Osten hatte sich die US-Regierung schon auf ein persönliches Treffen der Präsidenten Obama und Ruhani eingestellt. Die amerikanische Seite hatte dies sogar explizit angeboten. Die Zusammenkunft hätte immense symbolische Bedeutung gehabt, es wäre die erste Begegnung eines US-Präsidenten mit einem iranischen Staatschef seit mehr als 34 Jahren gewesen.

Doch Ruhani lehnte ab. Begründung: Es habe nicht genügend Zeit zur Vorbereitung gegeben. "Zu kompliziert", verlautete aus der iranischen Delegation. Auch die Möglichkeit zu einer kurzen Begegnung am Rande eines Empfangs von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon nutzte Ruhani nicht. Offiziell blieb er dem Termin fern, da dort Alkohol serviert wurde.

Inoffiziell dürften für Ruhani auch andere, eher inner-iranische Dinge eine Rolle gespielt haben. Seit Jahrzehnten gilt dem konservativen Kleruas im Iran Amerika als der Satan schlechthin. Ein symbolkräftiges Bild mit den freundlich lächelnden Präsidenten Ruhani und Obama wäre für Geistliche aus dem Lager der Hardliner auch sicher heute noch eine Zumutung.

Gleichzeitig mehren sich nun aber auch die Zweifel an Ruhani. Mehrfach hat er betont, für seinen Kurs die Rückendeckung der geistlichen Führer um Ali Chamenei erhalten zu haben. Dass er nun ein simples Foto meidet und so Rücksicht auf Vorbehalte in seiner Heimat übt, wirkt nicht unbedingt souverän. Skeptiker stellen bereits die Frage, wie dieser Präsident denn konkrete Zugeständnisse im Atomstreit durchsetzen will, wenn es noch nicht mal für einen Händedruck mit Obama auf einem Flur in New York reicht.

Dass das Treffen nicht zustande kam zeigt, wie schwierig sich ein diplomatischer Neubeginn der beiden Länder nach Jahren der Feindseligkeiten gestalten dürfte. Stattdessen werden am Donnerstag nun die Außenminister beider Staaten, John Kerry und Mohammad Dschawad Sarif, aufeinandertreffen. Beide nehmen an den Atomgesprächen über das umstrittene Nuklearprogramm des Iran teil. Außerdem sind Vertreter Großbritanniens, Chinas, Frankreichs, Deutschlands und Russlands dabei.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte den neuen Tonfall Ruhanis und sprach von einem Kontrastprogramm zu den Auftritten des Iran bei den Vereinten Nationen in den Vorjahren. Ruhanis Rede sei Grund zu vorsichtigem Optimismus. "Der Iran könnte es ernst meinen mit einer neuen konstruktiven Haltung", sagte der FDP-Politiker. "Aber natürlich ist immer noch große Vorsicht angebracht - denn entscheidend ist, dass auch substanziell bei den Gesprächen neue Angebote gemacht werden".

Experten gehen jedoch davon aus, dass sich die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm hinziehen werden. "Nach der ersten Begeisterung über den Stimmungswandel werden sich beide Seiten nun langsam vorantasten", erwartet Jon Alterman vom Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington. Dies liege einerseits am Widerstand im eigenen Land gegen die Annäherung und andererseits an der Angst, eine für die eigenen Interessen schädliche Vereinbarung zu schließen.

Die Unterhändler stünden vor technischen und politischen Problemen, sagt Richard Haass, der früher für die US-Regierung arbeitete und nun der Gesellschaft für Auswärtige Beziehungen vorsteht. "Zunächst müssen sie sich darauf einigen, was für beide Seiten ein akzeptables Ergebnis wäre", erklärte er. Dann müsse es eine Verständigung darüber geben, in welchem Ausmaß der Iran atomar tätig werden dürfe, wie Inspektionen durchgeführt werden könnten und welche Lockerung von Sanktionen das Land erwarten könne.

(REU)
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