64-Jähriger gewinnt Präsidentschaftswahl im Iran Ruhani — Hoffnungsträger der Reformbewegung

Teheran · Ein klassischer Reformer ist Hassan Ruhani nicht. Doch in dem Feld konservativer Kandidaten avancierte der 64-jährige Kleriker in den letzten Tagen vor der iranischen Präsidentschaftswahl zum Hoffnungsträger der Reformbewegung.

Jubel in Teheran nach Wahlsieg von Ruhani
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Mit dem Versprechen, die gesellschaftlichen Kontrollen zu lockern und im Atomstreit durch einen Ausgleich eine Aufhebung der verheerenden Sanktionen zu suchen, gewann er die Präsidentschaftswahl am Freitag schon in der ersten Runde mit knapp 51 Prozent.

Der Triumph kam überraschend

Ein überraschender Triumph, galt der stets mit einem Turban bekleidete 64-Jährige doch zu Beginn des Wahlkampfs noch als weitgehend chancenlos. Im Ausland konzentrierte sich das Interesse zunächst auf den Reformer Mohammed Resa Aref. Doch auf Drängen des früheren Reformpräsidenten Mohammed Chatami zog sich der Universitätsdozent kurz vor der Wahl zurück.

Mit großem Nachdruck rief Chatami seine Anhänger zur Wahl Ruhanis auf. Auch der pragmatische Ex-Präsident Akbar Haschemi Rafsandschani, der selbst nicht zur Wahl zugelassen wurde, stellte sich hinter Ruhani.

Während sich Moderate und Reformer also geschlossen hinter Ruhani versammelten, gelang es den Konservativen nicht, sich auf einen Kandidaten zu einigen.

Der einzige Kleriker unter den Kandidaten

Ruhani, der zu einem lockigen grauen Bart den Turban der Geistlichkeit trägt und den mittleren Rang eines Hodschatoleslam bekleidet, war der einzige Kleriker im Feld der Kandidaten. Auch wenn er kein ausgesprochener Reformdenker ist, sprach er sich im Wahlkampf für eine gesellschaftliche Liberalisierung und für eine Stärkung der Rechte der Frauen aus.

Im Atomkonflikt plädierte Ruhani, der als Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats von 2003 bis 2005 die Verhandlungen leitete, für eine Annäherung an den Westen. "Ich billige nicht die aktuelle Außenpolitik des Landes. Wir wollen gute (internationale) Beziehungen, um Schritt für Schritt die Sanktionen zu reduzieren und letztlich ihre Aufhebung zu erreichen", sagte Ruhani, dessen Symbol ein Schlüssel ist - wie er sagt, um die Tür zur Lösung der Probleme zu öffnen.

2003 war Ruhani Atomunterhändler

Als Atomunterhändler hatte er 2003 während der Präsidentschaft Chatamis bei Gesprächen mit Berlin, London und Paris in die Aussetzung der umstrittenen Urananreicherung und die Anwendung des Zusatzprotokolls des Atomwaffensperrvertrags eingewilligt, das unangekündigte Besuche von Atominspekteuren zulässt. Nach der Wahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad im Juni 2005 wurde er jedoch von seinem Posten abberufen und die Urananreicherung wenig später wieder aufgenommen.

Das letzte Wort liegt bei Chamenei

Ein grundlegender Kurswechsel in der Außenpolitik ist von Ruhani jedoch nicht zu erwarten: Das letzte Wort liegt beim Geistlichen Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei.

Tiefgreifende Änderungen bei der Presse- und Meinungsfreiheit sowie im Umgang mit Dissidenten, von denen seit der Niederschlagung der Proteste nach der Wahl 2009 noch immer Dutzende in Haft sitzen, dürften ebenfalls schwer durchsetzbar sein.

Doch nach den permanenten Provokationen des bisherigen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gibt es für den Westen mit einem Präsidenten Ruhani auf jeden Fall Grund zum Aufatmen. Und sein klarer Sieg in der ersten Runde bei einer hohen Beteiligung von knapp 73 Prozent stärkt seine Position.

(AFP/jco)
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