Einstige Lichtgestalt im Zwielicht Rudy Giuliani ist eine Schlüsselfigur in Trumps Ukraine-Affäre

Washington · Die Ukraine-Affäre ist nicht nur die Affäre von Donald Trump. Sie ist auch die Affäre von Rudy Giuliani. Nach den Anschlägen vom 11. September stieg der Anwalt zu Amerikas Lichtgestalt auf. Heute ist er eine Figur, die viel Spott und Häme auf sich zieht.

Schon Monate vor dem ominösen Telefonat des US-Präsidenten mit dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj hatte sich Trumps privater Anwalt intensiv um möglicherweise belastendes Material aus der Ukraine über Ex-Vizepräsident Joe Biden bemüht, Trumps potenziellen Herausforderer bei der Wahl 2020.

Die Rolle Giulianis wird deshalb auch im Zentrum der Kongressuntersuchung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Trump wegen Amtsmissbrauchs stehen, welche die US-Demokraten gestartet haben. Mehrere Ausschüsse des von der Opposition kontrollierten Repräsentantenhauses forderten bereits den 75-jährigen Trump-Intimus in rechtlich verbindlicher Form auf, ihnen seine Dokumente zur Ukraine-Affäre auszuhändigen.

In dem Telefonat mit Selenskyj am 25. Juli hatte Trump seinen Privatanwalt als "hochrespektierten Mann" und "sehr kompetenten Kerl" angepriesen. Laut dem vom Weißen Haus veröffentlichten Gesprächsprotokoll drang Trump darauf, dass sich die ukrainischen Behörden bei den erwünschten Nachforschungen zu Biden mit Giuliani wie auch mit US-Justizminister Bill Barr zusammenschalten sollten.

Der zu diesem Zeitpunkt von Giuliani bereits seit Monaten in diversen Kontakten mit Ukraine-Vertretern verfolgte Verdacht lautete, dass Biden als Vizepräsident seinen Sohn vor ukrainischen Korruptionsermittlungen zu schützen versucht haben soll. Hunter Biden arbeitete früher für das ukrainische Gasunternehmen Burisma. Für ihre Verdächtigungen der Bidens haben Trump und Giuliani bis heute keinerlei Belege vorgelegt.

Nur wenige Tage nach dem Telefonat traf sich Giuliani dann in Madrid mit dem Selenskyj-Berater Andrej Jermak - es ging erneut um die Bidens. Giuliani beteuert allerdings bis heute, dass in seinen ebenso wie Trumps Ukraine-Kontakten alles sauber gewesen sei. Der Präsident sei durch die Verfassung verpflichtet gewesen, den Korruptionsvorwürfen gegen die Bidens nachzugehen, behauptet er.

Nach Angaben des Informanten aus den US-Geheimdiensten, der mit seiner offiziellen Beschwerde über das Trump-Selenskyj-Telefonat die Ukraine-Affäre ins Rollen brachte, wurde Giulianis Neben-Außenpolitik allerdings von zahlreichen Regierungsmitarbeitern mit Irritation und Argwohn verfolgt.

Sie seien "tief beunruhigt" darüber gewesen, dass Giuliani die offiziellen "Entscheidungsprozesse zur nationalen Sicherheit" umgangen habe, berichtete der anonyme Whistleblower. Giuliani versichert indessen, seine Ukraine-Aktivitäten seien im Auftrag des Außenministeriums geschehen.

Kostenpflichtiger Inhalt Im Zwielicht der Ukraine-Affäre scheinen jedenfalls die Zeiten ewig her, als Giuliani noch als amerikanische Lichtgestalt verehrt wurde. Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 hatte sich der damalige New Yorker Bürgermeister als rastloser und zugleich besonnener Krisenmanager und Trostspender hervorgetan. Die Talk-Queen Oprah Winfrey adelte ihn damals als "Bürgermeister von Amerika".

Heute ist Giuliani hingegen eine Figur, die viel Spott und Häme auf sich zieht - nicht zuletzt wegen seiner oft fahrigen und erregten TV-Auftritte. Für Trump-Verächter ist Giuliani eine Reizfigur, seit er sich im Wahlkampf 2016 vehement für den heutigen Präsidenten ins Zeug legte.

Giuliani hoffte damals darauf, für diesen Einsatz mit dem Posten des Außenministers belohnt zu werden. Dass Trump ihm den Job verweigerte, richtete aber offenbar keinen tieferen Schaden in ihrem Verhältnis an. Im April 2018 engagierte Trump den früheren Strafverfolger als seinen Privatanwalt.

In dieser Funktion focht Giuliani dann gegen die Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller zu den Russland-Kontakten von Trumps früherem Wahlkampfteam an. Dass diese Ermittlungen für den Präsidenten ohne größere Konsequenzen blieben, dürfte das Band zwischen Trump und Giuliani weiter gestärkt haben.

Dass nun aber stattdessen die Ukraine-Affäre dem Präsidenten voraussichtlich ein Amtsenthebungsverfahren einbrocken wird, könnte dieses Band womöglich noch stark strapazieren. Ein von der "Washington Post" zitierter Regierungsmitarbeiter wies jedenfalls Giuliani bereits die Verantwortung für den ganzen Ukraine-Schlamassel zu: "Rudy - er hat das alles gemacht."

(zim/AFP)
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