Nach Wahlerfolgen Republikaner schielen auf das Weiße Haus

Washington · Während die Präsidentschaftskandidatin der Demokraten noch vor ihrer Ankündigung klar scheint, will gleich ein knappes Dutzend Republikaner Nachfolger von Barack Obama werden. Sie wollen ihren Höhenflug bei der Kongress- und Gouverneurswahl für sich nutzen.

 Floridas Ex-Gouverneuer Jeb Bush könnte der dritte US-Präsident aus seiner Familie werden.

Floridas Ex-Gouverneuer Jeb Bush könnte der dritte US-Präsident aus seiner Familie werden.

Foto: afp, jr

Noch bevor die Wahllokale am Dienstag geschlossen waren und die Republikaner das Ausmaß ihres Wahltriumphes begreifen konnten, waren viele von ihnen schon einen Schritt weiter.

Das Ende des Wahlkampfes für die Kongress- und Gouverneurswahl ist zugleich der Anfang, um auf ein noch größeres Ziel hinzuarbeiten: das Rennen um die Präsidentschaftsnachfolge von Barack Obama im Jahr 2016.

Auch die Demokraten zwangen sich wohl oder übel, den Blick weg von der Wahlschlappe und dem Verlust der Senats-Mehrheit hin zu 2016 zu richten. Bei scheint die Richtung der Vorausscheidung über den Spitzenkandidaten der Partei aber bereits klar: Hillary Clinton bleibt auch nach der bitteren Niederlage der Demokraten die gewünschte Kandidatin einer überwältigenden Mehrheit ihrer Parteimitglieder.

Ein anderes Bild bei der Konkurrenz: Im Zuge der Erfolgswelle der Republikaner bringen sich gleich mehrere Protagonisten für 2016 in Position. Einige republikanische Gouverneure haben bereits damit begonnen, sich selbst vom unbeliebten Kongress in Washington zu distanzieren.

 Eine Mehrheit der Demokraten möchte derzeit Hillary Clinton als künftige Bewohnerin des Weißen Hauses.

Eine Mehrheit der Demokraten möchte derzeit Hillary Clinton als künftige Bewohnerin des Weißen Hauses.

Foto: ap

"Ich denke, Gouverneure geben deutlich bessere Präsidenten ab als Mitglieder des Kongresses", sagt etwa der Republikaner Scott Walker - selbst Gouverneur von Wisconsin. Er gewann gerade seine dritte Gouverneurswahl und fasst nun eine mögliche Kandidatur als Präsident ins Auge.

Die Republikaner hatten es im Wahlkampf vor der Kongresswahl geschickt geschafft, die Politik ihrer Gegner an den unbeliebt gewordenen Präsidenten Obama zu binden. Sie gewannen die Senatssitze in Colorado, Iowa und North Carolina, die allesamt auch Schlüsselstaaten bei Präsidentschaftswahlen sind.

Während es zuvor aus der republikanischen Ringecke hieß, die Wahl sei ein "Referendum über Barack Obama", lautet die neue Lesart plötzlich, es sei ein Abstimmung über Hillary Clinton gewesen - der alte Kontrahent wurde schnell in einen neuen umgetauscht.

"In vielerlei Hinsicht war sie die größte Verliererin am Dienstag, weil sie all das verkörpert, was falsch läuft in Washington", beeilte sich Walker am Wochenende dem Fernsehsender NBC zu sagen. Andere mögliche republikanische Präsidentschaftskandidaten hatten so etwas bereits in den vergangenen Tagen von sich gegeben.

Es wird davon ausgegangen, dass nun ein ganzes Dutzend Republikaner Ansprüche auf das Präsidentenamt anmelden. Sie alle haben durch individuelle Erfolge bei der Kongresswahl Rückenwind und zusätzlichen Mut bekommen. Wahlstrategen berichten bereits von Aktivitäten der potenziellen Kandidaten. Sie sollen bereits erste Schritte unternommen haben, um spezielle Komitees zum Spendensammeln ins Leben zu rufen - noch bevor sie ihre Absichten überhaupt bekanntgegeben haben.

Versuchsballons lassen nun auch eher unbekannte mögliche Bewerber steigen. So lief am Wochenende in mehr als zwei Dutzend US-Staaten eine 60-minütige Dokumentation mit dem pensionierten Hirnchirurgen Ben Carson in der Hauptrolle, die ihn als Konservativen vom Schlage des Ex-Präsidenten Ronald Reagan darstellt. Produziert wurde das Werk vom Geschäftsleiter des Hirnchirurgen, Armstrong Williams. Der ließ später ausrichten: "Er denkt ernsthaft über einen Versuch nach."

Ebenfalls eine Kandidatur ins Auge fassen die Senatoren Marco Rubio aus Florida, Rand Paul aus Kentucky und der Texaner Ted Cruz, der vor gut einem Jahr mit einer mehr als 20 Stunden dauernden Rede für Schlagzeilen gesorgt hatte, mit der er die Abstimmung über die Gesundheitsreform von Obama verzögern wollte.

"Ich möchte, dass die Dinge erledigt werden", sagte Paul der Nachrichtenagentur AP und startete als einer der ersten einen Frontalangriff auf Clinton. Über eine Kandidatur für die Obama-Nachfolge werde er aber nicht vor dem Frühling 2015 entscheiden, sagte Paul.

Das Rennen wird einen großen Schritt vorankommen, wenn später im November in Florida der neue Vorsitzende des Verbandes der republikanischen Gouverneure gewählt wird. Alle Augen werden dabei auf den besagten Scott Walker gerichtet sein, aber auch auf den scheidenden Vorsitzenden, New Jerseys Gouverneur Chris Christie.
Experten weisen darauf hin, dass eine Bewerbung für diesen Posten Desinteresse an einer Präsidentschaftskandidatur signalisiere.

Während seine frühren Amtskollegen in Florida zusammenkommen, wird der ehemalige Gouverneur des Staates, Jeb Bush, dagegen an einer Konferenz seiner Bildungsstiftung in Washington teilnehmen - und dabei womöglich mit Blick auf 2016 ordentlich Wind machen. Aus seiner Partei wird berichtet, dass Bush - Sohn beziehungsweise Bruder zweier vergangener US-Präsidenten - deutliches Interesse an einer Kandidatur signalisiert.

Viele vermuten allerdings, der Bush-Sprössling müsse dafür schnell handeln. "Wenn er zu lange wartet, verliert er seine Vorteile, das eingebaute Netzwerk", sagt der republikanische Stratege Vin Weber. "Diese Leute warten nicht für immer."

Während die republikanischen Gouverneure die in Washington gemachten Fehler zu ihrem Vorteil nutzen könnten, bietet ein republikanisch geführter Kongress ein leichtes Ziel für Hillary Clinton. Sobald die Mehrheitsführer etwa Obamas Gesundheitsreform widerrufen oder mit Sparplänen die Ausgaben für Kinder und Alte kürzen wollen, sind sie für Clinton angreifbar.

Sie könnte dabei von Obama lernen, der 2012 während des Wahlkampfes auf das republikanisch geführte Repräsentantenhaus schimpfte. Ihr Mann Bill Clinton hatte eine geteilte Regierung in den 90er Jahren ebenfalls zu seinem Vorteil genutzt.

Schon bei ihren fast 50 politischen Auftritten in 19 US-Staaten im Herbst hatte sich die Demokratin als Anwältin für verzweifelte Familien inszeniert. Clinton sagte, sie werde Anfang 2015 eine Entscheidung über eine Präsidentschaftsbewerbung für die Demokraten treffen. Eile hat sie nicht. "Es gibt keinen Grund für Hillary Clinton oder andere Kandidaten, ihre Absichten bald kundzutun", sagt die langjährige Clinton-Beraterin Donna Brazile.

(ap)
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