USA kürzen Hilfsgelder Keine Einigung auf Regierung in Afghanistan

Washington · Auch dem US-Außenminister gelingt es nicht, im Machtkampf in Kabul zu vermitteln. Washington erhöht nun den Druck, indem Afghanistan der Geldhahn zugedreht wird. Präsident Aschraf Ghani und sein Kontrahent Abdullah Abdullah geben dem jeweils anderen die Schuld.

 Mike Pompeo, Außenminister der USA, spricht bei einer Pressekonferenz in Washington.

Mike Pompeo, Außenminister der USA, spricht bei einer Pressekonferenz in Washington.

Foto: dpa/Manuel Balce Ceneta

Washington hat Streichungen von Hilfsgeldern für Afghanistan in Höhe von einer Milliarde US-Dollar angedroht. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani und sein Kontrahent Abdullah Abdullah wiesen sich am Dienstag gegenseitig die Schuld dafür zu.

Ghani sagte in einer im Fernsehen übertragenen Rede, Abdullahs Forderung nach Machtteilung sei verfassungswidrig. Abdullah kritisierte, US-Außenminister Mike Pompeos Besuch sei eine verpasste Gelegenheit.

Der US-Außenminister hatte in Afghanistan versucht, zwischen Ghani und Abdullah zu vermitteln und sie zur Bildung einer Regierung zu bringen. Die beiden streiten darüber, wer die letzte Präsidentenwahl gewonnen hat und damit rechtmäßig Staatschef ist. Beide hatten sich als Präsident vereidigen lassen.

Am Montag kündigte Pompeo an, dass sein Land Hilfsgelder für Afghanistan in Höhe von einer Milliarde US-Dollar streichen werde und auch zu weiteren Kürzungen bereit sei. Er hoffe, dass Ghani und sein Kontrahent Abdullah „sich am Riemen reißen“ und die Einschnitte letztlich nicht nötig seien, sagte Pompeo beim Rückflug von seinem unangekündigten Besuch in Kabul.

Zuvor sagte Pompeo in einer ungewöhnlich scharf formulierten Erklärung, die Unfähigkeit Ghanis und Abdullahs zusammenzuarbeiten, sei eine „direkte Bedrohung“ der US-Interessen. Seine Regierung werde unmittelbar mit einer Überprüfung der Unterstützungsprogramme für Afghanistan beginnen. Die Kürzung um eine Milliarde Dollar sei der Anfang, möglicherweise gebe es im kommenden Jahr eine weitere Kürzung um eine weitere Milliarde.

Die USA bezuschussen den afghanischen Staatshaushalt jährlich mit Milliarden von Dollar, unter anderem für das afghanische Militär. Afghanistan nimmt selbst kaum ein Viertel des Geldes ein, das für den Betrieb des Staates erforderlich ist. Dennoch sagte Ghani am Dienstag, er könne versichern, dass die Reduzierung der US-Hilfe keine direkten Auswirkungen auf das System haben werde.

Für die USA ist der Streit in Kabul auch deshalb ein Problem, weil sie mit den militant-islamistischen Taliban einen Friedensprozess vereinbart hatten, der eigentlich bereits ab dem 10. März mit einem innerafghanischen Dialog hätte fortgesetzt werden sollen. Doch der innenpolitische Machtkampf torpedierte dieses Vorhaben. Ghani und Abdullah konnten sich nicht einmal darauf einigen, wer Teil der Delegation sein sollte, die mit den Taliban spricht.

Pompeo traf sich vor seinem Rückflug nach Washington in Katar noch mit ranghohen Taliban-Vertretern, darunter Mullah Abdul Ghani Baradar, einem der Gründer der Gruppe und Chef ihres politischen Büros in Doha. Pompeo sagte später im Flugzeug, die Taliban hätten sich bisher an ihre Verpflichtungen gehalten und die Gewalttaten im Land reduziert. Auch die USA würden sich an ihre Zusage halten, die Zahl ihrer Soldaten innerhalb der kommenden Monate von 13.000 auf 8600 zu verringern. Im kommenden Jahr sollen dann alle US-Soldaten abgezogen sein.

In einer am Dienstag veröffentlichen Mitteilung der Taliban hieß es, nur eine strikte Umsetzung des Friedensabkommens könne „den Weg für innerafghanische Verhandlungen, dauerhaften Frieden und einen Waffenstillstand“ ebnen.

Viele Afghanen drückten unterdessen in den Sozialen Medien ihren Frust über den Umgang der Regierung mit der Coronavirus-Pandemie aus. Pompeo kündigte an, dass die USA – trotz der angedrohten Kürzungen der Hilfsgelder – 15 Millionen Dollar im Kampf gegen Sars-CoV-2 in Afghanistan zur Verfügung stellen wollen.

(c-st/dpa)
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