Klausur der EVP-Fraktion Reformwille und Grenzschutz entscheiden EU-Zukunft

Berlin · Nicht nur bei der Klausur der konservativen EVP-Fraktion wird klar: Europa befindet sich an einem Scheideweg. In München mahnt Österreichs Kanzler Kurz, in Berlin die deutsche Kanzlerin Merkel.

 Gefragter Ansprechpartner in München: Sebastian Kurz.

Gefragter Ansprechpartner in München: Sebastian Kurz.

Foto: dpa/Peter Kneffel

Die Sicherung der Außengrenzen und umfassende strukturelle Reformen entscheiden aus Sicht der Regierungschefs von Deutschland und Österreich über die Zukunft der Europäischen Union. „Kein Schutz der Außengrenzen, das ist der Anfang vom Ende des Europas ohne Grenzen nach innen“, sagte Österreichs Kanzler Sebastian Kurz am Donnerstag bei einer Tagung der Europäischen Volkspartei in München. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief alle Staaten zu Kompromissen bei den geplanten EU-Reformen auf: „Wer nicht mehr kompromissfähig ist, der wird einen Beitrag dazu liefern, dass Europa auseinanderfällt“, sagte sie auf dem „Europaforum“ des WDR in Berlin.

Kurz forderte in seiner Rede, den EU-Haushalt auf die Verhinderung von illegaler Migration auszurichten und die europäische Grenzschutzbehörde Frontex rasch massiv aufzustocken und ihr mehr Kompetenzen zu geben. Der dafür genannte Termin der EU-Kommission im Jahr 2027 sei aber zu spät. „Die Menschen sind nicht bereit, so lange zu warten“, betonte er. Bereits am Mittwoch hatte auch Merkel in ihrer Rede bei der EVP-Klausur „gemeinsame Antwort auf Fragen der illegalen Migration“ von den EU-Staaten eingefordert.

Linie für die kommenden Monate

Die EVP zurrt bei der Münchener Klausurtagung ein Jahr vor der Europawahl ihre politische Linie für die nächsten Monate fest. Der Streit über Migration dürfte im Wahlkampf eine große Rolle spielen und EVP-Fraktionschef Manfred Weber will dabei vor allem den rechtsextremistischen Parteien den Kampf ansagen.

Wie bereits bei ihrem Auftritt in München am Mittwoch plädierte Merkel auch am Donnerstag in Berlin für tiefgreifende Reformen der EU-Institutionen, um die Gemeinschaft geschlossener und handlungsfähiger zu machen. Bei der Reform der Europäischen Union werde es nur den Weg des Kompromisses geben, sagte die CDU-Chefin. Sie sei zuversichtlich, dass Deutschland und Frankreich eine Einigung finden könnten. „Ich glaube, dass wir aufeinander zugehen werden.“ Beim EU-Gipfel Ende des Monats in Brüssel sollen erste Richtungsentscheidungen fallen.

Kanzler Kurz ist bei etlichen Punkten mit Merkel auf einer Linie, unter anderem bei der Forderung nach einer Verkleinerung der EU-Kommission und der Streichung eines der beiden Sitze des EU-Parlaments. „Wir sollten uns einen Ruck geben und eine effizientere Europäische Union schaffen“, sagte Kurz. „Ich würde sagen, sie passt auch nicht mehr ins 21. Jahrhundert.“

Der Österreicher sieht dies auch im Zusammenhang mit der Etatplanung für die Jahre ab 2021. Kurz gehört zu den schärfsten Kritikern des Etatplans des zuständigen EU-Kommissars Günther Oettinger. Er stört sich unter anderem daran, dass trotz der Verkleinerung der EU nach dem Brexit der Haushaltsrahmen wachsen soll.

Oettinger zeigt sich zuverlässig

Die EU verliere mit dem Austritt Großbritanniens 13 Prozent ihrer Bevölkerung und müsse deshalb auch in der Verwaltung sparen, sagte Kurz. Er schlug vor, den nationalen Anteil an gemeinsam mit der EU finanzierten Projekten zu erhöhen. Damit ließen sich Spielräume für wichtige Projekte gewinnen, unter anderem den Grenzschutz.

Oettinger zeigte sich in München trotz der Widerstände zuversichtlich, dass es schon bis März 2019 einen Kompromiss zur mittelfristigen Finanzplanung der Jahre 2021 bi 2027 geben könnte. Auch Kurz sagte: „Ich bin optimistisch, dass wir auf dem Wege der Verhandlungen zu einer guten Lösung kommen werden.“ Wann dies geschehe, könne er aber noch nicht sagen. Die Haushaltsverhandlungen könnten nach Oettingers Worten schon in den nächsten Tagen beginnen.

(csi/dpa)
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