Ukraine Rebellenhochburg Donezk unter Dauerbeschuss

Donezk · Trotz eines Angebots der Rebellen zu einem Waffenstillstand haben die ukrainischen Streitkräfte ihre Angriffe auf die östliche Rebellenhochburg Donezk am Sonntag intensiviert.

Die zerstörten Häuser in der Ostukraine
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Durch den Artilleriebeschuss wurde nach Angaben der Stadtverwaltung auch ein Krankenhaus teilweise zerstört. Kiew, Berlin und Washington warnten Moskau davor, unter dem Vorwand einer humanitären Mission in die Ukraine einzumarschieren.

Der neue "Regierungschef" der selbstproklamierten Volksrepublik Donezk, Alexander Sacharschenko, hatte am Samstag eine Feuerpause angeboten, sollte die Armee ihre Offensive stoppen. "Wir sind zu einem Waffenstillstand bereit, um die zunehmende humanitäre Katastrophe abzuwenden", erklärte er auf der Rebellen-Webseite. Sollte die Armee aber einmarschieren, werde "ein Kampf um jede Straße, jedes Haus und jeden Meter unseres Lands geführt" und Donezk zu einem neuen "Stalingrad".

Anstelle einer Feuerpause wurde die einstige Millionenstadt unter Dauerfeuer genommen. Die ukrainische Armee lehnt eine Feuerpause ab. Die erklärte Bereitschaft der Separatisten zu einer Waffenruhe sei lediglich eine "Aussage ohne Taten", teilte der nationale Sicherheitsrat in Kiew am Sonntag mit.

Eine AFP-Reporterin hörte am Sonntagmorgen vom Stadtzentrum aus mehr als 20 Explosionen und berichtete, dass die Fenster einer Entbindungsstation zertrümmert wurden. Eine Frau brachte ihr Kind in einem Schutzraum zur Welt.

Nach Angaben des Bürgermeisteramtes wurde ein Privathaus von einem Geschoss zerstört, auch ein Krankenhaus wurde demnach schwer beschädigt. In der Nähe sei eine Frau verletzt worden.

Die Streitkräfte teilten am Sonntag mit, sie hätten ihre Offensive fortgesetzt, um die prorussischen Separatisten in die Enge zu treiben. Die Angriffe seien auf Stützpunkte der Aufständischen gerichtet gewesen, diese hätten "schwere Verluste" erlitten. Auch drei Soldaten seien in den letzten 24 Stunden getötet worden.

Angaben der ukrainischen Regierung, an der Grenze zu Russland sei eine als Hilfskonvoi getarnte russische Militärkolonne gestoppt worden, hatten am Samstag für internationale Beunruhigung gesorgt.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Barack Obama kamen nach Angaben des Weißen Hauses in einem Telefonat überein, dass eine russische Intervention ohne formelle Zustimmung Kiews "nicht hinnehmbar" wäre und "zusätzliche Konsequenzen" nach sich ziehen würde. Ein Hilfskonvoi könne nur "unter der Ägide des Roten Kreuzes und mit Zustimmung der ukrainischen Regierung stattfinden", sagte eine Regierungssprecherin in Berlin.

Merkel telefonierte am Samstag auch mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Dabei erklärte er sich nach Angaben seines Büros bereit, einen Hilfskonvoi in die zweite große Rebellenhochburg Lugansk zuzulassen. Die Mission müsse aber von einem internationalen Team ohne militärische Begleitung geführt werden. Es gebe bereits Gespräche mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), hieß es dazu weiter aus seinem Büro.

In Kiew wurden unterdessen - knapp sechs Monate nach dem Sturz des damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch - die letzten Protestlager auf dem Unabhängigkeitsplatz geräumt. Hunderte Bürger beteiligten sich am Samstag an den Aufräumarbeiten, unter ihnen der neue Bürgermeister Vitali Klitschko. "Über Monate haben wir diese Barrikaden errichtet, aber nun ist es Zeit, sie abzureißen", sagte er. Es kam zu Rangeleien mit den letzten Maidan-Besetzern, Reifenstapel wurden angezündet. Insgesamt verlief die Räumung aber friedlich.

(DEU)
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