Vorwürfe der Ukraine und Malaysias Rebellen sollen Beweise an Absturzstelle vernichten

Kiew/Luhansk/Donezk · Pro-russische Separatisten versuchen nach Angaben der ukrainischen Regierung, die Absturzstelle der malaysischen Passagiermaschine zu manipulieren. Die Rebellen wollten mit Hilfe Russlands Beweise für "internationale Verbrechen" vernichten, erklärte die Regierung in Kiew am Samstag.

 Pro-russische Separatisten hindern Journalisten am Zutritt zur Absturzstelle.

Pro-russische Separatisten hindern Journalisten am Zutritt zur Absturzstelle.

Foto: afp, df/MS

So hätten die Rebellen etwa 38 Leichen nach Donezk geschafft, offenbar um selbst Autopsien vorzunehmen. Das Flugzeug war am Donnerstag mutmaßlich abgeschossen worden. Alle 298 Insassen kamen ums Leben.

Die genauen Hintergründe sind unklar. Internationale Experten sollen die Absturzstelle unweit der ukrainisch-russischen Grenze unabhängig untersuchen. Dazu soll eine 20 Quadratkilometer große Sicherheitszone eingerichtet werden, doch Gespräche darüber haben nach Angaben der Rebellen bislang keine Einigung gebracht.

"Es gibt keine Sicherheitszone", sagte Sergej Kawtaradse, ein hochrangiger Vertreter der prorussischen Separatisten in Donezk. "Das ist ein Gebiet in der Nähe der Front. Dort gibt es militärische Aktivität."

Auch die malaysische Regierung beklagt mangelde Schutzvorkehrungen am Absturzort. "Es gibt Hinweise, dass wichtiges Beweismaterial nicht am Ort gesichert wird", sagte Verkehrsminister Liow Tiong Lai am Samstag in Kuala Lumpur.

Er verlangte sofortigen Zugang für malaysische Experten, um die menschlichen Überreste der Insassen des Flugzeugs zu bergen. "Wir brauchen die Unterstützung der Welt um sicherzustellen, dass der Ort nicht manipuliert wird, dass wir Zugang zu dem Ort bekommen", sagte er. Ein malaysisches Team sei am Samstag in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen.

In der ostukrainischen Rebellenhochburg Luhansk tobten derweil nach Angaben von Anwohnern heftige Kämpfe. Prorussische Separatisten schossen demnach im südöstlichen Teil der Stadt am Samstag im Minutentakt wild um sich.

Am Freitag hatte Verteidigungsminister Waleri Heletej erklärt, die Armee habe in diesen Vierteln die Kontrolle übernommen. Die Regierung in Kiew hat ihre Militäroffensive gegen die Rebellen in den vergangenen Wochen verschärft.

Russland verlangt Aufklärung

Nach dem mutmaßlichen Abschusses des Passagierflugzeugs hat Russland Aufklärung von der Regierung in Kiew verlangt. Die entscheidende Frage sei: "Was geschah im Luftraum über der Ukraine und was müssen wir tun, damit so etwas nicht noch einem passiert", sagte Vize-Verteidigungsminister Anatoli Antonow am Samstag im russischen Fernsehen.

Kiew müsse unter anderem erklären, wieso die ukrainische Armee in der Ostukraine Luftabwehrsysteme mit Raketen vom Typ Buk betreibe, obwohl die Separatisten gar keine Flugzeuge besitzen. Experten vermuten, dass die Boeing 777 mit einer Boden-Luft-Rakete vom Typ Buk abgeschossen wurde.

Das russische Verteidigungsministerium hatte am Freitag erklärt, dass nach seinen Informationen eine Radarstation der ukrainischen Flugabwehr am Tag des Absturzes aktiv war. Antonow forderte Kiew nun auf, die Daten seiner Raketensysteme von internationalen Experten auswerten zu lassen.

Zugleich äußerte er Kritik an der Entscheidung der ukrainischen Luftüberwachung, der Passagiermaschine einen Flug über die Konfliktzone zu erlauben. Die Linienmaschine von Malaysia Airlines mit 298 Menschen an Bord war am Donnerstag in der ostukrainischen Unruheregion Donezk abgestürzt. Alle Flugzeuginsassen starben.

Kiew wirft den prorussischen Aufständischen vor, die Maschine abgeschossen zu haben. Auch die USA halten einen Angriff der Separatisten für wahrscheinlich. Russland weist jegliche Verantwortung für den Absturz zurück.

(REU)
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