Reaktion auf Haftbefehl Gülen spricht türkischer Justiz Unabhängigkeit ab

Washington · Für die türkische Regierung ist er der Strippenzieher des gescheiterten Putschversuchs: Doch der in den USA lebende islamische Prediger Fethullah Gülen wehrt sich und hat die türkische Justiz nach der Ausstellung eines neuen Haftbefehls scharf kritisiert.

 Fethullah Gülen reagiert scharf auf die Angriffe aus Ankara.

Fethullah Gülen reagiert scharf auf die Angriffe aus Ankara.

Foto: dpa, lb cul sab

Es sei "gut dokumentiert", dass den türkischen Gerichten die "juristische Unabhängigkeit" fehle, erklärte Gülen am Donnerstagabend. Der Haftbefehl gegen ihn sei ein weiteres Beispiel dafür, dass sich Präsident Recep Tayyip Erdogan immer mehr zum "Autoritarismus und weg von der Demokratie" bewege.

Die türkische Justiz hatte am Donnerstag einen offiziellen Haftbefehl gegen Gülen ausgestellt. Laut einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu handelt es sich um den ersten Haftbefehl gegen Gülen nach dem gescheiterten Putsch vom 15. Juli. Gülen wird darin zur Last gelegt, den Befehl für den Umsturzversuch erteilt zu haben. Er weist diesen Vorwurf entschieden zurück.

Gülen erklärte, auch der neue türkische Haftbefehle ändere nichts an seiner Lage und seinem Standpunkt. "Ich habe den Putschversuch wiederholt verurteilt und jede Kenntnis oder Beteiligung bestritten", bekräftigte er in seiner Stellungnahme.

Die türkische Justiz hatte bereits im Dezember 2014 Haftbefehl gegen Gülen erlassen. Damals wurden ihm unter anderem die Leitung einer "bewaffneten terroristischen Organisation" zur Last gelegt. Nach dem Putschversuch von Mitte Juli forderte die türkische Regierung von den USA mehrfach Gülens Auslieferung und übermittelte den US-Behörden zwei Dokumentensammlungen zu dem Fall.

US-Regierung reichen Beweise nicht aus

Einen offiziellen Auslieferungsantrag stellte die Türkei bislang allerdings nicht. Dennoch übte Staatschef Erdogan scharfe Kritik an den USA, weil sie Gülen nicht ausliefert. Washington rief Ankara auf, Beweise vorzulegen, dass der Prediger tatsächlich Drahtzieher des Putschversuchs war, statt lediglich Anschuldigungen vorzubringen.

Die von der Türkei vorgelegten Beweise reichen Vertretern der US-Regierung einem Medienbericht zufolge nicht aus. Sie seien bislang nicht davon überzeugt, dass es in dem Fall Grund zur Auslieferung gebe, berichtete das "Wall Street Journal" unter Berufung auf Regierungskreise.

Die endgültige Entscheidung über eine Auslieferung würde Außenminister John Kerry fällen. Dem Zeitungsbericht zufolge könnten die Verhandlungen über das Thema noch Monate dauern.

(felt/AFP/dpa)
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