Vorgehen gegen Gülen-Bewegung Wieder landesweite Razzien in der Türkei

Istanbul · Fast zehn Monate nach dem Putschversuch in der Türkei sind bei landesweiten Razzien gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger 57 Verdächtige festgenommen worden. Offenbar wurde auch Oguz Güven, Online-Chef der Zeitung "Cumhuriyet", in Gewahrsam genommen.

 Ende April hatte es bereits eine Razzia gegen die Gülen-Bewegung gegeben (Archiv).

Ende April hatte es bereits eine Razzia gegen die Gülen-Bewegung gegeben (Archiv).

Foto: dpa, AP abl

Nach weiteren 45 Personen werde gefahndet, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag. Den Angaben zufolge wurden mehr als hundert Haftbefehle ausgestellt, die Razzien dauerten am Morgen weiter an. Den Verdächtigen werde vorgeworfen, in den vereitelten Putsch im Juli verwickelt gewesen zu sein, berichtete Anadolu.

Wie die Zeitung "Habertürk" auf ihrer Internetseite berichtete, richteten sich die Razzien am Freitag gegen frühere Mitarbeiter der Istanbuler Börse. Ihnen wird demnach vorgeworfen, den verschlüsselten Kurzmitteilungsdienst ByLock genutzt zu haben, der laut der Regierung eigens für die Gülen-Anhänger entwickelt wurde. Sie sollen zudem Transaktionen für die Bank Asya ausgeführt haben, die einst zur Gülen-Bewegung gehörte und 2015 von der Regierung unter Zwangsverwaltung gestellt worden war.

Seit dem Putschversuch im Juli geht die türkische Regierung mit massenhaften Festnahmen gegen vermeintliche Gegner und mutmaßliche Unterstützer der Revolte vor. Sie wirft dem in den USA im Exil lebenden Prediger Fethullah Gülen vor, hinter dem Putschversuch zu stecken, was dieser jedoch bestreitet.

In der Türkei wurden schon zehntausende mutmaßliche Gülen-Anhänger inhaftiert oder aus dem Staatsdienst entlassen. Erst Ende April hatte die islamisch-konservative Regierung fast 4000 weitere Staatsbedienstete entlassen. Auch die Polizei entließ mehr als 9100 Beamte, weil sie Verbindungen zum Gülen-Netzwerk haben sollen.

Wie "Spiegel Online" berichtet, wurde auch der Online-Chef Oguz Güven von "Cumhuriyet" festgenommen. Das Magazin berief sich auf Angaben der Zeitung. Vorher hatte der Journalist die Festnahme über Twitter selbst gemeldet. Eine Bestätigung durch die türkischen Behörden gab es zunächst nicht.

Die Polizei hatte in den vergangenen Monaten schon mehrere Mitarbeiter und Vertreter von Cumhuriyet festgenommen, unter anderem Chefredakteur Murat Sabuncu und Herausgeber Akin Atalay. Der oppositionellen Zeitung werden Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen.

(wer/AFP/dpa)
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