US-Parlament Raue Zeiten für Obama im Kongress

(RP). Das neugewählte US-Parlament nimmt seine Arbeit auf. Die Partei des Präsidenten hat in der größeren der beiden Kammern die Mehrheit verloren. Die erstarkten Konservativen wollen wichtige Reformen der Demokraten rückgängig machen.

Barack Obama gibt eigene Fehler zu
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Es beginnt mit großer Symbolik. Bevor der US-Kongress heute in seiner ersten Arbeitssitzung zur Tagesordnung schreitet, kommen die "Founding Fathers" zu Wort, jene hochverehrten Gründerväter, nach denen jede mittelwestliche Kleinstadt ihre Straßen benennt. Was sie vor über 200 Jahren in die Verfassung der USA schrieben, wird feierlich verlesen im Repräsentantenhaus. 4553 Wörter. Die Rebellen der Tea Party wollten es so, schon deshalb, weil sie die junge Republik, wie sie unter George Washington und Thomas Jefferson existierte, nostalgisch zu einem Idealbild verklären.

Das theatralisch-patriotische Ritual, es soll auf die neue Zeit einstimmen, auf die Großoffensive gegen Barack Obama. Wie Mitch McConnell, der konservative Fraktionschef im Senat, in einem eher unbedachten Moment sagte, dient alles dem Ziel, 2012 die Wiederwahl des Präsidenten zu verhindern. Der Liberale im Oval Office soll die Grenzen seiner Macht zu spüren bekommen, er soll, wie es der rechte Senator Jim De Mint sagt, in einem "Showdown" in die Knie gezwungen werden. Mit ihrer Mehrheit im Abgeordnetenhaus — 241 Republikaner stehen gegen 194 Demokraten — will die Partei mit dem Elefanten im Wappen nachträglich aushebeln, was Obama an Reformen zustande gebracht hat. Dass es eine Gratwanderung wird, wissen die Klügeren in den Reihen der "Grand Old Party" selber.

Dem Wähler steht der Sinn nach Arbeitsplätzen, nicht nach einem Politikbetrieb, dessen Hauptdarsteller sich gegenseitig blockieren. Gefragt sind Kompromisse, doch das stößt bei den Aushängeschildern der Tea-Party-Bewegung auf wenig Gegenliebe. Sie müssen ihrer stockkonservativen Basis beweisen, dass sie keine Papiertiger sind. Sie wollen Ausgaben kürzen, Beamtenstellen streichen, die Macht des Bundes zugunsten der einzelnen Bundesstaaten beschneiden und das alles möglichst rigoros.

Schon nächste Woche steht die erste Kraftprobe ins Haus: der Versuch, die Gesundheitsreform neun Monate nach ihrer Verabschiedung rückgängig zu machen. Die Republikaner stünden für Ehrlichkeit und Verantwortlichkeit, sagte der neue Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner gestern in der Auftakt-Sitzung. Seine Partei wolle den Einfluss des Staates auf die Wirtschaft verringern.

Klar ist, dass das Votum gegen Obamas Gesundheitsreform ("Obamacare") im Repräsentantenhaus mit einem Sieg der Konservativen endet. Klar ist auch, dass es nur ein Etappensieg wird. Im Senat sind es die Demokraten, die weiter den Ton angeben, wenn auch weniger eindeutig als bisher. In der kleineren Kammer dürfte der republikanische Vorstoß scheitern, spätestens aber im Weißen Haus, wo ihn der Präsident mit einem Veto stoppen kann.

"Wir machen es Stück für Stück", skizziert Fred Upton, neuer Chef des Kongressausschusses für Handel und Energie, denn auch die Alternative, eine Salamitaktik. "Mal sehen, ob dann nicht alles von selber einstürzt." Letzten Endes könnten die Konservativen die zusätzlichen Milliarden blockieren, die der Fiskus ausgeben muss, um mehr als 30 Millionen nicht Krankenversicherte in das System einzubeziehen.

Genauso hart wird das Ringen um ein neues Schuldenlimit, das bis März beschlossen sein muss. Zurzeit liegt die Obergrenze der Staatsverschuldung bei 14,3 Billionen Dollar. Das Kabinett glaubt, sie wohl oder übel anheben zu müssen. Sollte sich der Kongress querstellen, warnt Obamas Berater Austan Goolsbee, "würden wir im Kern unsere Anleihen nicht mehr ordnungsgemäß bedienen können". Die Folge wäre ein katastrophaler, weltweiter Vertrauensverlust.

Ein Name, den man sich merken muss, ist Darrell Issa. Der Ex-Unternehmer wird einen Minister nach dem anderen vor den parlamentarischen Kontrollausschuss laden, den er leitet. Posten für Posten will Issa nachweisen, dass Obamas Konjunkturprogramme viel Geld verschleudern, wobei er polemisch von der "100-Milliarden-Dollar-Verschwendung" spricht. Issas Kalkül: Eine Untersuchungslawine soll die Regierung lähmen.

Aktueller freilich ist für Obama die Frage, mit welchen Beratern er sich künftig umgibt. Geklärt sind zwei Top-Personalien: Präsidentensprecher Robert Gibbs räumt seinen Posten im Weißen Haus. Der enge Vertraute Obamas gehe Anfang Februar, sagte ein Regierungsvertreter. Gibbs werde künftig in Obamas Team für dessen Wiederwahl arbeiten. Und David Plouffe, Organisator des ersten Präsidentschaftswahlkampfs, beerbt David Axelrod in der Rolle des politischen Chefstrategen.

(RP)
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