Rassistische Hassverbrechen Lynchen wird erst jetzt ein eigener Straftatbestand in USA

Washington · Nach mehr als 200 vergeblichen Anläufen wird in den USA Lynchen auf Bundesebene als eigener Straftatbestand anerkannt und als Hassverbrechen eingestuft. Das Land stellt sich dabei nicht nur seiner Vergangenheit.

 US-Präsident Joe Biden mit Vizepräsidentin Kamala Harris (l.) und Michelle Duster, Urenkelin der Bürgerrechtspionierin Ida B. Wells.

US-Präsident Joe Biden mit Vizepräsidentin Kamala Harris (l.) und Michelle Duster, Urenkelin der Bürgerrechtspionierin Ida B. Wells.

Foto: dpa/Patrick Semansky

US-Präsident Joe Biden unterzeichnete am Dienstag ein entsprechendes Gesetz, das zuvor beide Kongresskammern verabschiedet hatten. Darin ist ein Strafmaß bis zu 30 Jahren vorgesehen für Fälle von Lynchjustiz, bei denen ein Opfer schwer verletzt oder getötet wird.

Im US-Kongress wurde in den vergangenen Jahrzehnten viele Male darum gerungen, Lynchen als eigenen Straftatbestand zu etablieren. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, hatte bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfes in der Kammer Anfang März gesagt, im Kongress seien über die Jahrzehnte mehr als 200 Versuche gescheitert, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen. Der Schritt sei lange überfällig, um den „dunkelsten Elementen“ der US-Geschichte zu begegnen.

Das Emmett Till Anti-Lynch-Gesetz ist benannt nach einem 14-jährigen Afroamerikaner aus Chicago, der 1955 bei einem Besuch in Mississippi aus rassistischen Motiven entführt und brutal ermordet wurde. Ein im US-Magazin „Jet“ veröffentlichtes Foto des Leichnams löste eine Debatte über Rassismus in den Südstaaten der USA aus.

Bürgerrechtlern zufolge wurden in den südlichen Bundesstaaten der USA zwischen 1877 und 1950 mindestens 4000 Lynchmorde dokumentiert. Opfer waren zumeist schwarze Amerikaner - Männer, Frauen und Kinder - die von weißen Mobs gehenkt, lebendig verbrannt, erschossen oder zu Tode geprügelt wurden. Die Dunkelziffer der Lynchmorde liegt noch höher.

Das neue Gesetz hat nach Experteneinschätzung vor allen symbolische Bedeutung, um den Gräueln der Vergangenheit zu begegnen. Demnach könnten aber auch Fälle in der Gegenwart unter die Definition von Lynchjustiz fallen und entsprechend strafrechtlich verfolgt werden.

Biden betonte ausdrücklich, bei dem Gesetz gehe es nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch um die Gegenwart. Auch heute hätten die USA mit rassistischem Hass zu kämpfen. „Hass verschwindet nie, er versteckt sich nur“, beklagte er. US-Vizepräsidentin Kamala Harris nannte Lynchjustiz einen „Schandfleck“ in der Geschichte der USA. Auch sie betonte zugleich, es sei „kein Relikt der Vergangenheit“. Rassistischer Terror komme auch heute vor.

(peng/dpa)
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