Fall des saudi-arabischen Bloggers Raif Badawi Bundesregierung muss sich schärfer positionieren

Meinung | Berlin · Wegen öffentlicher Stockschläge für den Blogger Raif Badawi steht Saudi-Arabien massiv in der Kritik. Nun fordern die Grünen von Vizekanzler Sigmar Gabriel, sich bei seiner geplanten Reise in das Land für den jungen Mann einzusetzen. Dazu ein Kommentar von Eva Quadbeck.

In den Tagen von Terror und Gewalt ist es wichtig, immer wieder die Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus zu treffen. Durch die Gewalttaten Einzelner darf nicht eine Weltreligion in Misskredit geraten. In mancher Situation aber ist es auch mit gutem Willen schwierig, eine Trennlinie zu finden.

Beispiel: Saudi Arabien. Der junge Blogger Raif Badawi, dem vorgeworfen wird, den Islam beleidigt zu haben, ist zu zehn Jahren Gefängnis, rund 200.000 Euro Geldstrafe und 1000 Peitschenhieben verurteilt worden. Nach den ersten 50 Schlägen geht es dem Mann so schlecht, dass die nächste öffentliche Auspeitschung verschoben wurde.

Am kommenden Freitag aber drohen die nächsten Hiebe. Wenn die Strafe gänzlich vollzogen werden sollte, bedeutet sie für den jungen Mann einen qualvollen Tod auf Raten. Diese Strafe wurde ausgesprochen, weil Badawi in seinen Blogs immer wieder die Religionspolizei kritisiert und sich für die Trennung von Staat und Religion ausgesprochen hatte.

Die Religionspolizei setzt in Saudi Arabien mit harter Hand eine strenge Auslegung des Islams durch. Angesichts dieser Brutalität ist eine Trennlinie zwischen Islam und gewalttätigem Islamismus nicht zu ziehen. Was die Saudis dem jungen Blogger antun, ist Terror durch Staatsgewalt.

Es geht auch um das Image des Islam

Bislang beschränkt sich die deutsche Regierung darauf, die Strafe deutlich zu verurteilen und auf diplomatischem Weg dem jungen Mann zu helfen. Sollten die Saudis nicht einlenken und zumindest die martialische Auspeitschung gegen den 31-Jährigen unterlassen, muss die Bundesregierung ihrerseits deutlicher werden, zum Beispiel mit Sanktionen im Waffengeschäft. Denn beim Fall Badawi geht es nicht nur darum, einen jungen, aus Sicht westlicher Demokratien unschuldigen Menschen vor einer unmenschlichen Strafe zu bewahren. Es geht auch um das Image des Islams und damit um den inneren Frieden in Ländern, in denen religiöse Toleranz herrschen soll.

Die Muslime in Deutschland haben vollkommen Recht, wenn sie Terroristen, die "Allahu akbar" (Gott ist groß) bei ihren Taten rufen, absprechen, im Sinne des muslimischen Glaubens zu handeln. Wenn dieser Ruf aber auch bei der öffentlichen Auspeitschung eines kritischen Bloggers erklingt, dann wird die Argumentation schwieriger.

Die Muslime überall auf der Welt werden sich mit der Frage beschäftigen müssen, warum so viele Grausamkeiten unter Bezug auf Gott geschehen. Die Grausamkeiten, die im Zeichen des Kreuzes begangen wurden, endeten erst mit der Aufklärung. Diesen Weg wird der Islam auch nehmen müssen.

(qua)
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