Streit um Chemiewaffen-Einsatz in Syrien Putin verlangt Beweise von Obama

Moskau · Während sich das syrische Regime kampfbereit gibt, fordert der russische Präsident Wladimir Putin vor einem westlichen Militäreinsatz in dem Bürgerkriegsland Beweise für einen Chemiewaffen-Einsatz durch die Truppen von Präsident Baschar al-Assad.

Kremlchef Wladimir Putin hat die USA aufgefordert, ihre Giftgas-Vorwürfe an das Regime in Syrien mit konkreten Beweisen zu belegen. Die derzeit gegen Damaskus erhobenen Anschuldigungen seinen "absoluter Unfug", sagte der russische Präsident der Agentur Interfax zufolge. "Es entspricht doch keiner Logik, dass die syrische Armee Giftgas an einem Tag einsetzt, an dem UN-Beobachter ins Land kommen", sagte Putin am Samstag in der Stadt Wladiwostok am Pazifik.

"Ich bin überzeugt, dass es eine Provokation ist, um andere Länder in den Konflikt hineinzuziehen", betonte der Staatschef. Er sprach sich dafür aus, beim G20-Gipfel mit US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel in St. Petersburg am 5./6. September auch über Syrien zu diskutieren. "Es ist nicht der Weltsicherheitsrat, aber ein guter Ort für das Problem", sagte Putin. Russland gilt als enger Verbündeter Syriens.

Er erinnere Obama daran, dass dieser Friedensnobelpreisträger sei. "Haben die von den USA initiierten bewaffneten Konflikte je geholfen, auch nur ein Problem zu lösen?", sagte Putin. Weder in Afghanistan noch im Irak gebe es Frieden oder Demokratie. "Das alles muss man sich anschauen, bevor man sich für Luftschläge entscheidet, bei denen es zweifellos Opfer in der Zivilbevölkerung geben wird", sagte er.

Die USA sollten ihre Giftgas-Beweise unverzüglich den UN-Inspekteuren und dem UN-Sicherheitsrat vorlegen. "Wenn sie keine vorzeigen, heißt das, sie haben keine", sagte Putin. Kein Land dürfe einen souveränen Staat auf der Grundlage abgehörter Telefongespräche angreifen, "die nichts belegen", unterstrich der Kremlchef.

Waffenlieferungen ausgesetzt

Derweil hat Russland seine umstrittenen Waffenlieferungen an Syrien Medienberichten zufolge gestoppt - angeblich, weil das Regime in Damaskus Rechnungen nicht bezahlt. Nach dem Eingang der ersten Raten habe das Regime von Präsident Baschar al-Assad die Zahlungen unvermittelt ausgesetzt, sagte ein namentlich nicht genannter Mitarbeiter des staatlichen Rüstungskonzerns Rosoboronexport der russischen Tageszeitung "Kommersant".

Die geplanten Lieferungen von zwölf Kampfjets vom Typ MiG-29M/M2 sowie insgesamt sechs hochmodernen Raketenabwehrsystem S-300 PMU-2 und 36 Trainingsflugzeugen Jak-130 seien auf Eis gelegt worden. Es gebe aber keinen politischen Hintergrund, sagte der Mitarbeiter. "Wir hoffen, dass die Verträge in vollem Umfang erfüllt werden können."

Verhandlungen mit einer syrischen Militärdelegation in Moskau seien aber erfolglos verlaufen, sagte er. Kremlberater Juri Uschakow habe die Probleme indirekt bestätigt, berichtete "Kommersant".

Die UN-Vetomacht Russland hatte die Lieferungen damit begründet, dass es kein bindendes Waffenembargo gegen Syrien gebe. Besonders die USA und Israel hatten vor allem den geplanten Export des Abwehrsystems S-300 PMU-2 scharf kritisiert.

Syriens Führung rechnet mit Angriff

Nach der Ausreise der Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen rechnet die syrische Führung mit einem baldigen Angriff westlicher Truppen auf das Land. Der Beginn des Einsatzes werde "jeden Moment" erwartet, sagte ein Vertreter der Sicherheitskräfte am Samstag der Nachrichtenagentur AFP. "Wir sind auch jederzeit zur Vergeltung bereit", fügte er hinzu.

Die UN-Experten waren am frühen Morgen aus Syrien in den Libanon ausgereist. Sie sollten ihrem Mandat zufolge herausfinden, ob im syrischen Bürgerkrieg Chemiewaffen eingesetzt wurden, nicht aber, durch wen. Nun sollen sie einen Bericht vorlegen.

Mehrere westliche Staaten und die syrischen Aufständischen werfen der syrischen Führung vor, Giftgas eingesetzt zu haben. Die USA und Frankreich erwägen deswegen einen Militärschlag gegen die Truppen von Staatschef Baschar al-Assad.

Iran sendet Solidaritätszeichen

Als Zeichen der Solidarität mit dem syrischen Regime ist eine Delegation des iranischen Parlaments am Samstag nach Damaskus gereist. Wie die Nachrichtenagentur Isna meldete, wird die dreiköpfige Delegation des Auswärtigen Ausschusses während ihres fünftägigen Aufenthalts auch den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad treffen. Leiter der Delegation ist der Vorsitzende des Ausschusses, Alaeddin Borudscherdi. Der Iran steht im Syrien-Konflikt auf der Seite Assads, Teherans engstem Verbündeten im Kampf gegen den Erzfeind Israel. Der Iran ist auch vehement gegen einen westlichen Militäreinsatz in Syrien.

(AFP/dpa)
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