Iwanow und der russische Präsident Putin-Intimus erzählt über gemeinsame Agentenausbildung

Moskau · Er gilt als einer von Wladimir Putins engsten Vertrauten: Sergej Iwanow (60), Ex-Verteidigungsminister und Chef der Kremladministration. Der Politiker mit dem Adlergesicht wurde einst sogar als Putins Nachfolger gehandelt. Die beiden Männer kennen sich aus der gemeinsamen Agentenausbildung beim KGB. Jetzt erzählte Iwanow in einem Interview Details aus dieser Zeit, die die angehenden Agenten für ihr ganzes Leben zusammenschweißte.

Wladimir Putin - Präsident von Russland, eitel, autoritär, entschlossen
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Das ist Wladimir Putin - eitel, autoritär, entschlossen

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Foto: dpa/Kremlin Pool

Er gilt als einer von Wladimir Putins engsten Vertrauten: Sergej Iwanow (60), Ex-Verteidigungsminister und Chef der Kremladministration. Der Politiker mit dem Adlergesicht wurde einst sogar als Putins Nachfolger gehandelt. Die beiden Männer kennen sich aus der gemeinsamen Agentenausbildung beim KGB. Jetzt erzählte Iwanow in einem Interview Details aus dieser Zeit, die die angehenden Agenten
für ihr ganzes Leben zusammenschweißte.

Beide stammen aus Leningrad, dem heutigen St. Petersburg. Iwanow studierte hier an der Philologischen Fakultät Englisch und Schwedisch, Putin machte seinen Abschluss in Jura. Ihr Ziel war das Gleiche: Sie wollten Spione werden für den sowjetischen Geheimdienst KGB. Putin hatte sich sogar schon als Oberstufenschüler dort erkundigt, welchen Studiengang er für die Agentenkarriere am besten wählen solle.

"Im Studium kannten wir uns noch nicht, die Universität ist ja sehr groß", erzählt Sergej Iwanow im Interview mit der Zeitung "Komsomolskaja Prawda" über seine Freundschaft mit Putin. Alles habe nach dem Studium während einer "Spezialausbildung" begonnen: "In einer sehr kleinen Abteilung einer sehr großen Organisation. Sie nannte sich KGB."

"Wir hatten sehr gute Lehrer"

Im Jahre 1975 wurden Iwanow und Putin beim KGB aufgenommen und als junge Leutnants für die Auslandsspionage vorbereitet. Während im Westen das wenig attraktive Bild des Geheimdienstlers als Schlapphut und Schnüffler dominiert, war in der Sowjetunion die Rolle des Auslandsagenten dank vieler heroischer Filme romantisch besetzt.

"Wir hatten sehr gute Lehrer. Sehr erfahrene Aufklärer, viele von ihnen hatten jahrelang im Ausland gearbeitet", erzählt Sergej Iwanow. Darunter seien auch mehrere sowjetische Undercover-Agenten gewesen, die 20 Jahre unter falscher Identität in einem anderen Land gelebt hatten. "Sie kehrten zurück und gaben uns, den Jungen, ihre Erfahrung weiter." Dafür, was er dort gelernt habe, sei er seinen Agentenlehrern "bis ins Grab" dankbar, so Iwanow.

Aus der gemeinsamen Ausbildungszeit mit Putin erinnert Iwanow allerdings auch Momente, wo die beiden Nachwuchs-Agenten grinsen mussten. Da gab es zum Beispiel eine Partei-Versammlung der KPdSU ihrer Abteilung. Thema: "Die Rolle der Parteiorganisation bei der Erhöhung der Effizienz der Anwerbung von Ausländern."

Er habe das absurd gefunden, sagt Iwanow. "Putin und ich tauschten Blicke. Das war doch die reinste Idiotie! Aber wir haben das natürlich nicht vor allen gesagt, Gott bewahren! Das darf man erst heute sagen." Die Anwerbung von Ausländern sei eine "zutiefst individuelle Arbeit", die in "intimer Atmosphäre" vor sich gehe. Mit der kommunistischen Parteiorganisation könne man dabei nichts anfangen.

"Wir sehen uns täglich oder rufen uns an"

Iwanow berichtet, er habe beim KGB mehrere Jahre mit Putin zusammenarbeitet. "Der Rang einen Obersten — das war für uns damals unerreichbar. Uns schien, wir werden das nie." Die Wege trennten sich dann beim Agenteneinsatz. Iwanow ging 1985 für den KGB erst nach Finnland, dann nach Kenia. Ab 1990 soll er in Großbritannien spioniert haben. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion arbeitete Iwanow bis 1998 für den russischen Auslandsgeheimdienst SWR.

Putin wurde ab 1985 in Dresden eingesetzt. Er avancierte vom Rang eines Hauptmanns zum Major. 1989 hatte Putin den Dienstgrad eines Oberstleutnants, was auf eine Dienststellung als stellvertretender Abteilungsleiter in der KGB-Residentur hindeutet. Nach dem Ende der DDR wurde er 1990 in die Sowjetunion zurückbeordert. Später arbeitete er als Auslandsbeauftragter für den St. Petersburger Bürgermeister Anatoli Sobtschak.

Offenbar hielten Putin und Iwanow immer Kontakt. 1998 kreuzen sich ihre Wege erneut. Da ist Putin Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB, er ernennt Iwanow zu seinem Stellvertreter. Putin steigt auf, wird Regierungschef, dann Präsident. 2001 macht er Sergej Iwanow zu seinem Verteidigungsminister.

Heute Chef der Kremladministration, hat Iwanow ständigen Kontakt zum Präsidenten. "Wir sehen uns täglich oder rufen uns an, und das meistens nicht nur einmal am Tag", so Iwanow über seine Arbeit mit Putin. Die alte KGB-Seilschaft hat sich für ihn ausgezahlt.

(hei)
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