Zwischenrufe und Handgreiflichkeiten Prozess gegen Mohammed Mursi auf Januar verschoben

Kairo · Unter massiven Sicherheitsvorkehrungen begann am Montagmorgen der Mordprozess gegen Ägyptens Ex-Präsidenten Mohammed Mursi. Nach wenigen Minuten wurde er wegen lautstarker Protestrufe vonseiten der Angeklagten unterbrochen. Es soll auch zu Handgreiflichkeiten gekommen sein. Der Richter vertagte den Prozess auf den 8. Januar.

Aufstieg und Fall von Mohammed Mursi
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Foto: ap, Maya Alleruzzo

Turbulenter Auftakt im Prozess gegen den früheren ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi: Wegen Protestrufen von der Anklagebank unterbrach der Richter die Sitzung am Montag zehn Minuten nach Beginn. "Ich bin der legitime Präsident von Ägypten, und ich bitte das Gericht, diese Farce hier zu beenden", rief Mursi nach Informationen von Prozessbeobachtern. Mursi hatte nach Berichten von Augenzeugen außerdem gerufen: "Nieder mit der Militärherrschaft."

Nach Ansicht des Richters war Mursi zudem nicht richtig gekleidet. Er ordnete an, der Angeklagte müsse sich umziehen und im Gerichtssaal die weiße Gefängniskluft für Untersuchungshäftlinge tragen. Der Richter hatte zu Beginn der Verhandlung klargestellt, dass er Störungen nicht hinnehmen werde. Nach etwa einstündiger Unterbrechung wurde die Verhandlung wieder aufgenommen.

Doch kurz darauf beschloss der Richter, das Verfahren auf Beginn des nächsten Jahres zu verschieben. Der Prozess werde am 8. Januar fortgesetzt, meldete der Nachrichtensender Al-Arabija. Nach Angaben des Staatsfernsehens kam es zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen den Verteidigern und Prozessbeobachtern im Gerichtssaal.

In Kairo waren zudem bereits am Montagmorgen Anhänger und Gegner Mohammed Mursis aufeinander losgegangen. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen griffen Passanten Mursi-Anhänger an, die vor dem Verfassungsgericht gegen den Prozess protestierten. Al-Arabija meldete, Pro-Mursi-Demonstranten seien auf seine Reporterin losgegangen.

Behörden greifen Osama Mursi auf

Aus Sicherheitsgründen findet der Prozess gegen den entmachteten islamistischen Staatschef, der im Juli von der Armee abgesetzt worden war, in einer Polizeiakademie statt. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden auch am Flughafen Kairo verstärkt. Die arabischen Außenminister, die am Vortag bei der Arabischen Liga in Kairo zusammengetroffen waren, beeilten sich, noch in der Nacht das Land zu verlassen.

Wenige Stunden vor Beginn des Prozesses gegen seinen Vater haben die ägyptischen Behörden einem Sohn Mohammed Mursis verboten, das Land zu verlassen. Osama Mursi habe in der Nacht zum Montag von Kairo aus nach Malaysia fliegen wollen, berichtete ein Informant am Flughafen. An der Passkontrolle sei ihm jedoch die Ausreise verweigert worden. Beobachter vermuten, dass dadurch verhindert werden soll, dass Osama Mursi vom Ausland aus eine Kampagne zur Unterstützung seines Vaters organisiert. Der Sohn Mursis steht politisch hinter seinem Vater und den Zielen der Muslimbruderschaft.

Mursi droht die Todesstrafe

Mursi und 14 Mitangeklagte der Muslimbruderschaft müssen sich wegen der Anstiftung zur Tötung von zehn Demonstranten im Dezember 2012 verantworten. Damals hatten sich Gegner des Islamisten vor dem Präsidentenpalast versammelt.

Bei einem Schuldspruch droht Mursi und den Mitangeklagten lebenslange Haft oder die Todesstrafe. Das Verfahren hat im In- und Ausland die Sorge ausgelöst, die Armee könne das Land wieder in einen Polizeistaat verwandeln. Seit dem Sturz Mursis ist sie mit harter Hand gegen die Bewegung der Muslimbrüder vorgegangen.

Mursi wurde nach staatlichen Medienberichten mit einem Hubschrauber zu dem stark abgesicherten Gebäude geflogen, in dem auch dem gestürzten langjährigen Machthaber Husni Mubarak der Prozess gemacht wird. Der Tahrir-Platz im Zentrum Kairos, der Mittelpunkt der Proteste gegen Mubarak und später Mursi war, wurde vom Militär mit Stacheldraht abgesperrt.

Die Muslimbruderschaft hatte angekündigt, so lange mit Straßenprotesten Druck auf die Armee auszuüben, bis Mursi wieder in sein Amt zurückkehren kann. Die staatlichen Ermittler werfen den Muslimbrüdern vor, zu Gewalt und Terror aufgerufen zu haben. Diese weisen die Vorwürfe zurück.

(dpa/rtr)
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