Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja trifft sich mit Merkel und Maas Opposition in Belarus hofft auf Unterstützung aus Deutschland

Minsk · Die Bundesregierung schaltet sich in die politische Krise in Belarus ein. Vor einem persönlichen Gespräch mit Kanzlerin Merkel in Berlin hat Oppositionsführerin Tichanowskaja große Hoffnungen.

 Swetlana Tichanowskaja, ehemalige Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen in Belarus, trifft sich am Montag mit Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Maas.

Swetlana Tichanowskaja, ehemalige Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen in Belarus, trifft sich am Montag mit Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Maas.

Foto: dpa/Mindaugas Kulbis

Die Opposition in Belarus setzt nach neuen Massenprotesten gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko auf Unterstützung aus Deutschland. Die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja reiste am Montag nach Berlin, um sich in dieser Woche unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas zu treffen. Der Termin mit Merkel sei extrem wichtig, sagte Tichanowskaja dem „Spiegel“. „Es ist ein sehr gutes Zeichen für die Welt, wenn Deutschland die Absicht erklärt, als Vermittler in Verhandlungen zwischen unseren Machthabern und den Menschen in Belarus zu agieren“, sagte die Oppositionelle.

Die Bundesregierung bekräftigte ihre Unterstützung für die friedlichen Proteste. Tichanowskaja sei eine Leitfigur der Opposition in Belarus und all derer, die gegen Wahlfälschung, Wahlbetrug und die Misshandlungen friedlicher Demonstranten dort auf die Straße gehen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. „Der Respekt vor dieser Bürgerrechtsbewegung, die klare Verurteilung der Art und Weise, wie die Wahlen durchführt wurden, all das drückt sich in diesem Besuch aus“, sagte Seibert. Merkel wird die 38-Jährige am Dienstag treffen.

Kurz nach ihrer Ankunft veröffentlichte Tichanowskaja ein Bild von sich mit geballter Faust vor einem Stück der Berliner Mauer.

Unterstützung bekommt die Opposition auch aus Frankreich. Mit Präsident Emmanuel Macron hatte sich Tichanowskaja in der vergangenen Woche in Litauen getroffen, wo die Bürgerrechtlerin im Exil lebt.

Belarus befindet sich seit der umstrittenen Präsidentenwahl vom 9. August in der größten Krise seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren. Täglich gibt es Proteste gegen Machthaber Lukaschenko, der bei der Abstimmung mehr als 80 Prozent der Stimmen erreicht haben will. Die Demokratiebewegung fordert seinen Rücktritt, die Freilassung aller politischen Gefangenen und eine Neuwahl. Die EU erkennt den 66-Jährigen nicht mehr als Staatschef an.

Am Sonntag hatten am achten Wochenende in Folge mehr als Hunderttausend Menschen in der Hauptstadt Minsk demonstriert. Nach offiziellen Angaben gab es mehr als 300 Festnahmen. Die Sicherheitskräfte setzten auch Wasserwerfer und Tränengas ein. Davon ließen sich die Menschen aber nicht abschrecken. Am Montag zogen vor allem Rentner durch die Straßen der Hauptstadt. Das Menschenrechtszentrum Wesna berichtete indes von zahlreichen Hausdurchsuchungen in den Städten Minsk, Gomel und Wilejka.

Deutsche Politiker kritisierten vor dem Besuch von Tichanowskaja das Vorgehen der belarussischen Behörden scharf. „Das brutale und skrupellose Vorgehen von Lukaschenko gegen die eigene Bevölkerung ist völlig inakzeptabel“, sagte die Grünen-Politikerin Claudia Roth. Es sei Zeit, ein klares Signal an Lukaschenko zu senden. Die EU habe zwar Sanktionen gegen Personen aus dem Umfeld Lukaschenkos beschlossen. Das könne aber höchstens ein erster Schritt sein, sagte Roth, die sich ebenfalls mit Tichanowskaja treffen will. Die Sanktionsliste müsse deutlich erweitert werden, die Zivilgesellschaft brauche „unsere unbedingte Solidarität und Unterstützung“.

Die internationale Berichterstattung über die Proteste wurde seit dem Wochenende von den Behörden erschwert. Belarus hatte allen ausländischen Journalisten die Akkreditierungen entzogen. Kritik daran kam aus Deutschland. Ziel sei es offensichtlich, dass Berichte über Gewalt und Repression nicht an die Öffentlichkeit gelangen, sagte Regierungssprecher Seibert. Mit Schikanen gegen Journalisten lasse sich die Berichterstattung nicht unterdrücken. Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte ein sofortiges Ende der Schikanen.

(sed/dpa)
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