Mit einem Brief Britische Premierministerin May gibt Amt als Parteichefin ab

London · Die Regierungsgeschäfte wird May noch ein paar Wochen weiterführen. In der Woche ab dem 22. Juli soll ihr Nachfolger feststehen. Boris Johnson soll die besten Chancen auf das Amt des Premierministers haben. Insgesamt bewerben sich elf Kandidaten.

Die britische Premierministerin Theresa May gibt nach knapp drei Jahren ihr Amt als Parteichefin der Konservativen auf. Dies geschieht am Freitag in London auf unspektakuläre Weise durch einen Brief.

Gleichzeitig beginnt die Ausschreibung für einen Nachfolger. Der Sieger des mehrstufigen Prozesses soll bis Ende Juli feststehen – und wird May dann auch an der Regierungsspitze ablösen.

Das Feld der Bewerber ist groß und schillernd. Elf Kandidaten haben bislang ihren Hut in den Ring geworfen. Am Montag werden die Nominierungen für Mays Nachfolge entgegengenommen.

Die besten Chancen werden Ex-Außenminister Boris Johnson eingeräumt. Der umstrittene Politiker ist zwar als Chefdiplomat in viele Fettnäpfchen hineingetreten. Ihm wird aber zugetraut, enttäuschte Brexit-Wähler, die sich von den Konservativen abgewendet haben, wieder zurückzugewinnen. Auch der sehr gut vernetzte Umweltminister Michael Gove hat viele Unterstützer.

Das Auswahlverfahren ist in zwei Phasen geteilt. In der ersten Phase wird das Feld der Bewerber von den Tory-Abgeordneten in mehreren Wahlgängen auf zwei reduziert. Diese beiden müssen sich einer Stichwahl unter den Parteimitgliedern stellen. Bis Ende Juli soll ein Sieger feststehen und May dann auch an der Regierungsspitze ablösen.

Der Zeitplan:

  • 7. Juni: May gibt ihr Amt als Parteichefin auf. Die Stelle wird ausgeschrieben.
  • 10. Juni: Zwischen 11 Uhr und 18 Uhr MESZ werden die Nominierungen für Nachfolger entgegengenommen. Den kürzlich geänderten Regeln zufolge müssen Kandidaten die Unterstützung von mindestens acht Tory-Abgeordneten haben, um am Auswahlverfahren teilzunehmen.
  • 13. Juni: Bei der ersten Abstimmungsrunde scheiden alle Bewerber aus, die nicht mindestens 17 Stimmen erhalten.
  • 18. Juni: In einem zweiten Wahlgang werden alle Kandidaten ausgesiebt, die nicht mindestens 33 Stimmen aus der Fraktion auf sich vereinen können.
  • 19.-20. Juni: Weitere Wahlgänge unter den Kandidaten finden solange statt, bis nur noch zwei übrig sind. Bei jeder Runde fällt der Letztplatzierte heraus.
  • 22. Juni: Die beiden verbliebenen Kandidaten präsentieren sich in mehreren Regionalkonferenzen den Mitgliedern. Danach findet die Wahl unter den rund 160.000 Parteimitgliedern statt.
  • Woche vom 22. Juli: Der Gewinner der Stichwahl wird verkündet. Er dürfte kurz darauf auch zum Premierminister gekürt werden.

May hatte es nicht geschafft, das Parlament auf einen gemeinsamen Brexit-Kurs einzuschwören. Sie war mit ihrem Brexit-Deal drei Mal im Unterhaus durchgefallen. Einige der Bewerber wollen nun das gescheiterte Abkommen mit Brüssel nachverhandeln und im Zweifel auch ohne Deal austreten. Die Frist für den EU-Austritt wurde inzwischen zwei Mal verlängert. Sie endet nun am 31. Oktober.

Die Konservativen stehen seit der Europawahl Ende Mai heftig unter Druck von rechts. Die neue Brexit-Partei von Nigel Farage hatte es mit knapp 32 Prozent der Stimmen aus dem Stand zur stärksten Kraft geschafft. Die Tories wurden abgestraft und kamen nur noch auf rund neun Prozent.

Bei der Nachwahl im ostenglischen Wahlkreis Peterborough setzte sich die Labour-Kandidatin Lisa Forbes knapp gegen den Kandidaten der Brexit-Partei, Mike Greene, durch. Die Farage-Partei hatte sich dort den ersten Sitz im britischen Parlament erhofft. Am Ende lag Forbes mit 683 Stimmen Vorsprung vor Greene, wie die Agentur PA berichtete.

Bei seinem Staatsbesuch in dieser Woche hatte sich US-Präsident Donald Trump bereits mit mehreren der möglichen Nachfolgern Mays getroffen. Er bescheinigte – entgegen allen diplomatischen Gepflogenheiten – Johnson ausgezeichnete Fähigkeiten für das Amt des Partei- und Regierungschefs. Die USA und Großbritannien streben ein großes Handelsabkommen nach dem EU-Austritt Londons an.

(jms/dpa)
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