Proteste in Prag Zehntausende demonstrieren gegen Regierungschef Babis

Prag · Tschechiens Ministerpräsident Babis steht im Verdacht, sich mit EU-Geldern bereichert zu haben. Die Proteste gegen den Multimilliardär werden von Woche zu Woche massiver. Doch er weist Rücktrittsforderungen zurück.

 Demonstranten halten eine große tschechische Flagge bei einem Protest gegen Regierungschef Babis.

Demonstranten halten eine große tschechische Flagge bei einem Protest gegen Regierungschef Babis.

Foto: dpa/Michal Kamaryt

In Tschechien spitzen sich die Proteste gegen Regierungschef Andrej Babis zu. Bei einer der größten Kundgebungen seit der demokratischen Wende von 1989 füllten Zehntausende Demonstranten am Dienstagabend den zentralen Wenzelsplatz in Prag. Sie forderten den Rücktritt des Politikers. Die Veranstalter vom Netzwerk „Eine Million Augenblicke für Demokratie“ sprachen von 120.000 Teilnehmern. Die Polizei machte keine Angaben.

Babis wird vorgeworfen, als Unternehmer jahrelang unrechtmäßig von EU-Subventionen profitiert zu haben. Der Multimilliardär und Gründer der populistischen Partei ANO weist die Anschuldigungen zurück. „Es gibt keinen Grund zu protestieren“, erklärte er. Der 64-Jährige steht an der Spitze einer Minderheitsregierung mit den Sozialdemokraten (CSSD) unter Duldung der Kommunisten (KSCM).

Die Demonstranten riefen „Schande, Schande“ und hielten Spruchbänder wie „Babis ins Gefängnis“ hoch. Manche Teilnehmer kamen von weit her. Der Regierungschef solle sich vor Gericht verantworten, forderte eine aus Brünn (Brno) angereiste Frau. „Ich glaube ihm kein Wort“, sagte die 30-Jährige.

In der vergangenen Woche hatten tschechische Medien einen internen Rechnungsprüfungsbericht der EU-Kommission veröffentlicht, der den Ministerpräsidenten belastet. Daraus geht hervor, dass die EU bis zu 17,4 Millionen Euro an Fördermitteln für mit Babis verbundene Firmen zurückfordern könnte. Grund ist, dass der Politiker als Empfänger von Subventionen in einem Interessenskonflikt gestanden haben soll. Seine Agrofert-Holding, die offiziell von einem Treuhandfonds verwaltet wird, hat mehr als 30.000 Mitarbeiter.

Im Parlament lieferten sich Regierung und Opposition einen harten Schlagabtausch. Der an die Medien durchgestochene EU-Bericht sei eine „Attacke auf die Tschechische Republik“ und eine Bedrohung für tschechische Firmen, kritisierte Babis. Nichts werde zurückgezahlt.

„Der einzige, der dieses Land gefährdet, ist der Premier selbst, der uns international Schande bereitet“, entgegnete Petr Fiala, der Vorsitzende der oppositionellen Bürgerdemokraten (ODS). Die Situation sei nicht haltbar. An der Spitze der Regierung stehe ein „Räuber europäischer Gelder“, der das Land als Geisel nehme, kritisierte der konservative Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek.

(zim/dpa)
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