Präsidentschaftswahlen in Belarus Lukaschenko warnt vor „Massaker“ an seinen Anhängern

Moskau · Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus, hast seinen Gegner schon viele üble Absichten nachgesagt. Jetzt wird sein Ton noch schriller.

 Die Proteste gegen Präsident Alexander Lukaschenko halten weiterhin an.

Die Proteste gegen Präsident Alexander Lukaschenko halten weiterhin an.

Foto: dpa/Nikolai Petrov

Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat der Opposition Mordpläne unterstellt. Falls seine Gegner an die Macht kämen, würden sie ein Gemetzel unter seinen Verbündeten anrichten, sagte Lukaschenko am Dienstag. „Das wäre keine Säuberung, wie manche sagen. Es wäre ein Massaker.“ Die Behörden nahmen unterdessen weitere Oppositionelle fest.

Der seit 26 Jahren regierende Lukaschenko war am 9. August mit offiziell 80 Prozent für eine sechste Amtszeit wiedergewählt worden, während Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja nur zehn Prozent erhielt. Viele Belarussen halten dies für dreisten Betrug und gehen seither täglich dagegen auf die Straße. In vielen Betrieben wird gestreikt. Lukaschenko hat die Demonstranten als Marionetten des Westens bezeichnet und sträubt sich gegen die Forderungen nach seinem Rücktritt oder einem Dialog.

Nach einem anfangs brutalen Vorgehen der Sicherheitskräfte schlug die Regierung einen zurückhaltenderen Kurs ein. Seither versucht sie, die Demonstrationen mit Drohungen und der selektiven Inhaftierung von Aktivisten zu beenden.

Die nach Litauen geflohene Tichanowskaja sagte, die Menschen wollten nicht länger unter Lukaschenko leben und seine Befehle nicht länger befolgen. „Die Regierung muss begreifen, dass die Dinge nie mehr so sein werden wie früher“, sagte sie der AP. Sie müsse sich auf einen Dialog einlassen, wenn das Land nicht in einen wirtschaftlichen und politischen Abgrund stürzen solle. „Die Leute wollen Veränderungen“, sagte Tichanowskaja. Die Proteste würden auch bei schlechtem Wetter weitergehen, wenn auch vielleicht nicht als Demonstrationen.

Tichanowskaja kündigte an, sie werde nach Belarus (Weißrussland) zurückkehren, wenn es Verhandlungen gebe und politische Gefangene freigelassen würden. „Die wären Zeichen für mich, dass ich sicher zurückkehren kann“, sagte sie.

Hunderte Studenten hielten bei neuen Protesten am Dienstag vor ihren Universitäten Mahnwachen, zogen durchs Stadtzentrum zum Bildungsministerium und forderten den Rücktritt Lukaschenkos. Nach Medienberichten wurden mindestens 18 Studenten festgenommen, während die Polizei versuchte, die Menge aufzulösen.

Die Polizei bestätigte Festnahmen, nannte aber keine Zahl. Nach Informationen des Menschenrechtszentrums Wjasna waren unter den Festgenommenen auch mehrere Professoren. Sondereinsatzkräfte der Polizei hätten viele der festgenommenen Studenten verprügelt.

Der Menschenrechtsanwalt Valentin Stefanowitsch sagte, die Regierung habe offenbar Angst. „Studenten und Universitäten allgemein sind eine hochexplosive Gruppe“, sagte er der Nachrichtenagentur AP. Die Regierung fürchte, dass es dort zu Streiks komme und versuche, die Studenten einzuschüchtern.

Auch mehrere Organisatoren von Streiks in wichtigen Industriebetrieben wurden in Gewahrsam genommen. Am Dienstag versammelten sich Menschen in der Nähe mehrerer großer Fabriken, um die Streikenden zu unterstützen.

Die Regierung verweigerte dem katholischen Erzbischof von Minsk und Mogiljow, Tadeusz Kondrusiewicz, die Wiedereinreise aus Polen, nachdem er vergangene Woche die Polizei scharf kritisiert hatte. Lukaschenko sagte, Kondrusiewicz mische sich in die Politik ein und bringe Gläubige dazu „Befehle aus Polen anzunehmen“.

Zahlreiche ausländische Journalisten, die über die Proteste berichteten, wurden ausgewiesen, anderen wurde die Akkreditierung entzogen, unter ihnen auch AP-Journalisten. Der belarussische Journalistenverein teilte mit, am Wochenende hätten 17 Belarussen ihre Akkreditierung verloren, die für ausländische Medien gearbeitet hätten, darunter die ARD, die BBC, Reuters und AFP. Die US-Sender Radio Free Europe/Radio Liberty erklärte, die Behörden hätten fünf seiner Journalisten die Akkreditierung entzogen.

(özi/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort