Bin Ladens Tod als Wahlkampfhilfe Politische Trumpfkarte für Obama

Washington (RPO). Fast zehn Jahre nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 haben die USA ihren Staatsfeind Nummer eins getötet. Ein US-Spezialkommando erschoss in Pakistan den Gründer und Chef des Terrornetzwerks Al Qaida, Osama bin Laden, wie US-Präsident Barack Obama am Sonntagabend bekanntgab.

Osama bin Laden: Der meistgesuchte Terrorist
11 Bilder

Osama bin Laden: Der meistgesuchte Terrorist

11 Bilder

Vor dem Weißen Haus gibt sich die Menge hemmungslos ihren patriotischen Gefühlen hin. Viele junge Leute sind zu später Stunde gekommen und schwenken US-Flaggen, einige sind trunken nicht nur vor Glück. Drinnen tritt Präsident Barack Obama im East Room mit ernster Miene vor die Kameras und überbringt seinen Landsleuten die Nachricht, auf die sie seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gewartet haben: Al-Qaida-Chef Osama bin Laden ist tot, erschossen in der Nacht zum Montag von US-Spezialkräften bei einer Kommandoaktion in Pakistan.

"Der Gerechtigkeit wurde Genüge getan", sagt Obama und spricht damit vielen US-Bürgern aus der Seele, die Angehörige bei den Anschlägen verloren oder die Attacke mit entführten Passagierflugzeugen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington als tiefe Demütigung für ihr Land empfunden haben. Seine Rede an die Nation beginnt er mit jenem Tag im September 2001, an dem den USA das Gefühl der Unverwundbarkeit nach dem Ende des Kalten Krieges jäh genommen wurden: Die Bilder der Flugzeuge, die vor strahlend blauem Himmel in die Zwillingstürme des World Trade Centers rasten, seien "in unser nationales Gedächtnis gebrannt".

9/11 war die Zeitenwende für die Supermacht

Die 9/11-Anschläge brachten nicht nur fast 3000 Menschen den Tod, sie markierten für das mächtigste Land der Erde eine Zeitenwende. Obamas Vorgänger George W. Bush stellte fortan die nationale Sicherheit an die Spitze der politischen Prioritäten, im Gefangenenlager Guantanamo brach er dabei mit fundamentalen Prinzipien des Rechtsstaats. Getrieben von Sicherheitsinteressen und der Vision einer demokratischeren Welt verstrickten sich die USA in Afghanistan und im Irak in zwei blutige Konflikte.

Bush hatte nach dem 11. September das Ziel ausgegeben, Bin Laden zu ergreifen - tot oder lebendig. Dieses Versprechen hat nun Obama erfüllt. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt habe er die CIA angewiesen, die Jagd auf den Al-Qaida-Chef zur Toppriorität zu machen, sagt der Präsident in seiner Ansprache. Nachdem sich die Geheimdienstinformationen in den vergangenen Monaten verdichtet hätten, habe er vergangene Woche die Kommandoaktion angeordnet. Am frühen Montaggmorgen landeten Elitekämpfer mit Hubschraubern auf einem Anwesen in der Stadt Abbottabad und töteten den meistgesuchten Terroristen der Welt.

Obama als führungsstarker Befehlshaber

Obama zeichnet von sich das Bild des führungsstarken Oberbefehlshabers - mit Erfolg. Selbst der republikanische Abgeordnete und Vorsitzende des Heimatschutz-Ausschusses im Repräsentantenhaus, Peter King, lobt ihn für die "brillant ausgeführte Operation". Viel hätte bei dem Einsatz schief gehen können, dennoch habe der Präsident den Mut gehabt, die Aktion durchzuziehen, sagt King dem TV-Sender CNN.

Der gewagte, aber erfolgreiche Kommandoeinsatz tief im Nordosten Pakistans erhöht Obamas Chancen auf eine Wiederwahl im kommenden Jahr. Im Wahlkampf werden es die Republikaner schwer haben, ihm weiter fehlenden Mumm beim Schutz der nationalen Sicherheit anzukreiden. Mit der Leistung, den Staatsfeind Nummer eins zur Strecke gebracht zu haben, verfügt der Präsident über eine politische Trumpfkarte. Doch selbst dieser Trumpf könnte möglicherweise nicht stechen, sollte sich der Aufschwung der US-Wirtschaft nicht stabilisieren und die Lage auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessern.

Auch der Kampf gegen den Terrorismus ist keineswegs beendet. Bin Laden personifizierte die von El Kaida ausgehende Gefahr, das Terrornetzwerk stellt aber weiter eine Bedrohung dar - in seinen Hochburgen Afghanistan und Pakistan ebenso wie durch Ableger im Jemen oder in Nordafrika. Vor allem der Hindukusch dürfte die USA noch Jahre über den Tod Bin Ladens hinaus vor große militärische Herausforderungen stellen. Längst hat sich der Sturz des Taliban-Regimes, das der El-Kaida-Spitze einst Unterschlupf gewährte, zu einem zähen Stabilisierungseinsatz ausgeweitet. "Wir müssen und wir werden zu Hause und im Ausland wachsam bleiben", mahnt Obama.

(AFP/felt)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort