Berlusconi schließt Nachverhandlungen nicht aus Polen fordert Entgegenkommen von Deutschland

Brüssel (rpo). Polens Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz hat im Ringen der EU-Staats- und Regierungschefs um eine europäische Verfassung von Deutschland mehr Flexibilität gefordert.

<P>Brüssel (rpo). Polens Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz hat im Ringen der EU-Staats- und Regierungschefs um eine europäische Verfassung von Deutschland mehr Flexibilität gefordert.

Cimoszewicz sagte beim entscheidenden EU-Gipfel am Freitag in Brüssel: "Ich denke, wir haben gute Gründe, von unseren deutschen Freunden mehr Flexibilität zu erwarten." Der italienische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratsvorsitzende Silvio Berlusconi schloss Nachverhandlungen über die Hauptstreitpunkte 2004 nicht aus.

Mehrere Ministerpräsidenten äußerten sich zum Auftakt des Gipfels verhalten optimistisch über die Erfolgsaussichten. Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte: "Wir wollen eine Verfassung, aber diese Verfassung muss Substanz haben." Der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sagte intensive nächtliche Verhandlungen voraus. "Ich sehe aber nicht die Gefahr eines Scheiterns oder eines Zerreißens der Union."

Laut Berlusconi sind 82 der ursprünglich noch 100 Streitpunkte bereits ausgeräumt. Selbst wenn keine Einigung über die Hauptstreitpunkte der Größe der Kommission und des Abstimmungsmodus im Rat zustandekomme, würden die bereits erzielten Kompromisse nicht wieder angetastet. Berlusconi betonte, es sei besser, die Regierungskonferenz unter irischer Präsidentschaft fortzusetzen, als ein schlechtes Ergebnis zu akzeptieren.

Beim Hauptstreitpunkt der künftigen Machtverteilung in der EU stehen sich Frankreich und Deutschland auf der einen Seite sowie Polen und Spanien auf der anderen Seite gegenüber. Polen und Spanien wollen an dem in Nizza vereinbarten Abstimmungsmodus festhalten, der ihnen Vorteile bei der Stimmenverteilung verschafft. Deutschland und Frankreich treten für die Einführung der doppelten Mehrheit ein, bei der die Größe der Bevölkerung eines Mitgliedslandes mit ins Gewicht fällt. Dies sieht auch der Verfassungsentwurf des EU-Konvents vor.

Cimoscewicz sagte, andere EU-Staaten müssten verstehen, dass Polen eine rote Linie habe, die es nicht überschreiten könne. Es gebe sehr wenig Verhandlungsspielraum. Auch der polnische Staatspräsident Aleksander Kwasniewski bekräftigte in einem Interview mit dem polnischen Rundfunk seine Auffassung, dass der Vertrag von Nizza die Grundlage für die Arbeit der EU bleiben müsse. Ein Scheitern des EU-Verfassungsgipfels würde es seiner Ansicht nach erlauben, die Diskussion über den künftigen Wahlmodus in einer weniger spannungsgeladenen Atmosphäre fortzusetzen.

Rumänien und Bulgarien sollen im Januar 2007 beitreten

Bevor die eigentlichen Verhandlungen über die Verfassung begannen, einigten sich die EU-Chefs auf die Ausgestaltung der künftigen Militärpolitik der Europäischen Union. Dabei kamen sie auch den Bedenken der NATO entgegen. Zu den Gipfelbeschlüssen gehörten außerdem eine Wachstumsinitiative sowie ein Programm zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung.

Die EU-Chefs bekundeten darüber hinaus ihren Willen, bereits 2004 die Beitrittsverhandlungen mit den Nachzüglern Rumänien und Bulgarien abschließen. Der Beitritt beider Länder solle im Januar 2007 erfolgen, "sofern sie bereit sind". Die große Erweiterungsrunde um zehn Länder wird im Mai nächsten Jahres abgeschlossen.

Was den Beitrittskandidaten Türkei angeht, so würdigten die EU-Chefs das beschleunigte Tempo der Reformen. Es seien jedoch "weitere kontinuierliche Bemühungen notwendig", hieß es. Die Türkei wurde auch aufgefordert, ihren "politischen Willen zur Lösung des Zypernproblems" zu bekunden.

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