Polen Ermittlungen gegen Vorsitzenden des Verfassungsgerichts

Warschau · Der Streit um die Unabhängigkeit des polnischen Verfassungsgerichts geht in die nächste Runde: Jetzt soll gegen Gerichtspräsident Rzeplinski ermittelt werden.

 Gegen Gerichtspräsident Andrzej Rzeplinski wird nun ermittelt

Gegen Gerichtspräsident Andrzej Rzeplinski wird nun ermittelt

Foto: ap, AK

Die Staatsanwaltschaft in Warschau kündigte Ermittlungen gegen Andrzej Rzeplinski wegen Fahrlässigkeit und Amtsmissbrauchs an. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, Anlass der Ermittlungen sei die Strafanzeige eines von drei Verfassungsrichtern. Die rechtskonservative Mehrheit des Parlament hatte die drei ernannt, doch Rzeplinski hielt sie mit der Begründung von den Sitzungen fern, ihre Nominierung sei nicht verfassungskonform.

Die polnische Nachrichtenagentur PAP zitierte Rzeplinski mit den Worten: "Wenn ich es richtig verstehe, handelt es sich um den unbeholfenen Versuch, sich in die Unabhängigkeit der Judikative einzumischen." Vergangene Woche hatte das Verfassungsgericht die meisten von der Regierung vorgelegten Gesetzesregelungen zur Arbeitsweise des obersten Gerichts zurückgewiesen. Das Gesetz greife unter anderem in die Ernennung der Richter ein, könne die Arbeit des Gerichts blockieren und mache Vorgaben bei der Terminplanung, sagte Rzeplinski.

Im Streit um die Beschneidung der Befugnisse des Verfassungsgerichts hatte die EU-Kommission Warschau Ende Juli ein Ultimatum gestellt. Die polnische Regierung hat demnach drei Monate Zeit, um die von ihr erlassenen Regelungen für das Verfassungsgericht zu ändern. Andernfalls sind Strafmaßnahmen möglich, die bis zum Entzug von Stimmrechten reichen können. Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski sieht das Verfassungsgericht als Hort der liberalen Opposition an.

Die EU-Kommission hatte im Falle Polens Mitte Januar erstmals überhaupt eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat eingeleitet. Brüssel wirft der Warschauer Regierung vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.

(crwo/afp)
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